Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anrechnung der beim Zedenten entstandenen, vom Zessionar in einen gerichtlichen Abfindungsvergleich einbezogenen Geschäftsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine vom Zessionar als Nebenforderung eingeklagte, beim Zedent entstandene Geschäftsgebühr durch einen Prozessvergleich über sämtliche Forderungen abgegolten, scheiden sowohl die Anrechnung dieser Geschäftsgebühr als auch die Anrechnung einer dem Zessionar nicht entstandenen, indes als erstattungsfähig vereinbarten Geschäftsgebühr aus.

 

Normenkette

RVG § 15a Abs. 2; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4; RVG-VV Nrn. 2300, 3100; BGB §§ 133, 157, 398

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 18.08.2011; Aktenzeichen 3 O 361/09)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin werden der Kostenfestsetzungs- beschluss vom 18.8.2011 und der Nichtabhilfebeschlusses aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung über die Kostenausgleichungsanträge an das LG zurückverwiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Im Übrigen hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat den Beklagten aus umfassend abgetretenem Recht auf 105.000 EUR Schadensersatz Zug um Zug gegen die Abtretung der Rechte an einem Medienfond in Anspruch genommen und die Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht begehrt. Weiterhin wurde die zu Lasten des Zedenten angefallene vorgerichtliche Geschäftsgebühr von 3.729,70 EUR verlangt. Im Wege der Klageerweiterung wurden weitere 5.357 EUR wegen der Zinsen zum nachträglichen Anfall von Einkommensteuer geltend gemacht.

Die Parteien haben zunächst in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2010 vor dem LG einen Widerrufsvergleich geschlossen. Danach hatte der Beklagte 105.000 EUR (Zeichnungsbetrag zzgl. Agio) und 5.357 EUR als pauschalen Schadensersatz für den steuerrechtlichen Nachzahlungszinsschaden zu zahlen. Weitere unmittelbare Zahlungsverpflichtungen, insbesondere hinsichtlich der außergerichtlichen Geschäftsgebühr des Zedenten wurden nicht begründet. In Ziff. 3. fand sich eine umfassende Abgeltungsklausel.

Diesen Vergleich hat die Klägerin widerrufen, weil die vorgerichtlichen Kosten nicht mit in die Kostenregelung einbezogen wurden. Der Vergleich wurde in Absenkung des Nachzahlungszinsschadens auf 5.000 EUR in der Hauptsacheeinigung mit gleichem Wortlaut nach § 278 Abs. 6 ZPO erneut festgestellt, nachdem die Kostenregelung um folgenden Absatz ergänzt worden war:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass zu den Kosten des Rechtsstreites auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zählen, berechnet aus einer 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV aus einem Geschäftswert von 105.000 EUR, der Auslagenpauschale von 20 EUR nach Nr. 7002 RVG-VV sowie der auf diese Beträge entfallenden Umsatzsteuer nach Nr. 7008 RVG-VV."

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 22.3.2011 hat die Klägerin zur Kostenausgleichung eine 1,3-Geschäftsgebühr aus 105.000 EUR sowie die ungekürzte Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr geltend gemacht.

Das LG hat die Geschäftsgebühr antragsgemäß festgesetzt und die hälftige Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Gegen die Anrechnung i.H.v. 880,10 EUR setzt sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde zur Wehr.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat einen vorläufigen Erfolg. Das LG wird die Kostenausgleichung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates erneut durchzuführen haben.

Da die Geschäftsgebühr in der Person der Klägerin - unstreitig - nicht angefallen ist und die beim Zedenten entstandene Geschäftsgebühr untergegangen ist, kommt eine Anrechnung nicht in Betracht. Die Voraussetzungen von § 15a Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Es kann dahinstehen, ob in der Person der Klägerin (auch) eine Geschäftsgebühr entstanden ist und ob eine solche - wenn damit die Geschäftsgebühr vorgerichtlich doppelt angefallen sein sollte - mangels Notwendigkeit erstattungsfähig wäre. Die Geschäftsgebühr ist jedenfalls unstreitig in der Person des Zedenten entstanden. Unabhängig davon, ob der Beklagte die Erstattung der Geschäftsgebühr nach §§ 280, 286 BGB oder nach § 823 BGB dem Zedenten schuldet, hat dieser den entsprechenden Schadensersatzanspruch an die Klägerin abgetreten. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Abtretungsvertrag, sondern auch aus dem Umstand, dass die Klägerin die vorgerichtliche Geschäftsgebühr im eigenen Namen und zur Zahlung an sich geltend gemacht hat. Die Klägerin räumt dies im Kostenfestsetzungsverfahren auch ein, so dass dieser Umstand Berücksichtigung finden kann.

Allerdings haben die Parteien in Ziff. 1) des Vergleiches die vorgerichtliche Geschäftsgebühr als erstattungspflichtige Position nicht aufgeführt. Damit unterfällt diese Position der Abfindungsregel nach Ziff. 3) des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleiches, wonach mit dessen Abschluss alle gegenseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Sachverhalt abgegolten sind. Damit besteht auch kein Anspruch auf eine Geschäftsgebühr mehr. Dies gilt unabhängig davo...

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