Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsschutzantrag gegen Räumungsvollstreckung. sofortige weitere Beschwerde der Schuldner gegen die Wertfestsetzung
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 08.10.1996; Aktenzeichen 2 T 607/96) |
AG Diez (Aktenzeichen 5 M 1163/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Schuldner wird der Beschluß des Landgerichts Koblenz vom 8. Oktober 1996 abgeändert.
Der Gegenstandswert für den Vollstreckungsschutzantrag der Schuldner vom 24. April 1996 wird auf 1.862,40 DM festgesetzt.
Gründe
1. Die Schuldner haben sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, eine den Gläubigern gehörende Wohnung bis zum 30.6.1996 zu räumen. Die Miete für die Wohnung betrug 620,80 DM monatlich. Die Wohnung hat einen Wert von 250.000 DM.
Unter dem 24. April 1996 beantragten die Schuldner, die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsvergleich einstweilen bis zum 31. Juli 1996 einzustellen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Diez zurückgewiesen und den Schuldnern die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Beschluß vom 3. Juli 1996 hat es sodann den Gegenstandswert auf 1.862,40 DM (3 Monatsmieten) festgesetzt. Auf die Beschwerde des Schuldnervertreters hat das Landgericht Koblenz diesen Beschluß aufgehoben und den Wert des Streitgegenstandes auf 250.000 DM (Wert der Wohnung) erhöht.
Dagegen richtet sich nunmehr die – gemäß § 10 Abs. 3 S. 5 BRAGO zugelassene – weitere Beschwerde der Schuldner.
2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Es kann offenbleiben, ob der Gegenstandswert für einen anwaltlichen Vollstreckungsauftrag nach der Neufassung des § 57 Abs. 2 S. 1 BRAGO nach dem Wert der Wohnung zu bemessen ist (so OLG Koblenz, Beschluß vom 22.3.1996, MDR 1996 S. 859 m.w.N.) oder ob nach wie vor über § 8 BRAGO auf § 16 Abs. 2 GKG zurückgegriffen werden und damit der Wert in Höhe der Jahresmiete festgesetzt werden kann (so pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschluß vom 20.5.1996, Rechtspfleger 1996 S. 412/422). Die Wertfestsetzung ist vorliegend nicht nach § 57 Abs. 2 S. 1 BRAGO zu treffen, sondern nach § 57 Abs. 2 S. 6 BRAGO. Dies folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, nach denen stets der „Angreifer” den Streitwert maßgeblich bestimmt. Gegenstand des Verfahrens war kein anwaltlicher Vollstreckungsauftrag, sondern ein anwaltlicher Vollstreckungsschutzantrag, gestellt für die Schuldner. Während es einem Gläubiger bei der Herausgabe einer Sache im Wege der Zwangsvollstreckung um die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über diese geht, wollten die Schuldner vorliegend mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag nach § 765 a ZPO lediglich einen Aufschub der Räumung um 3 Monate, also eine weitere Nutzung erreichen. Diesen allgemeinen Grundsätzen folgend, regelt § 57 Abs. 2 S. 6 BRAGO den Wert für Anträge des Schuldners abweichend von § 57 Abs. 2 S. 1 BRAGO. Daran ändert auch die Vorschrift des § 58 Abs. 3 Nr. 3 BRAGO nichts, da dort lediglich bestimmt wird, daß es sich bei feinem Antrag nach § 765 a ZPO um eine besondere Angelegenheit der Zwangsvollstreckung handelt, für die eine zusätzliche Gebühr verdient wird.
Ausgehend von § 57 Abs. 2 S. 6 BRAGO ist der Wert deshalb vorliegend nach dem Interesse der Schuldner nach billigem Ermessen zu bestimmen (Gerold/Schmidt/von Eicken/Margert, BRAGO § 57 Rn. 29; Riedl-Susbauer, BRAGO § 57 Rn. 25). Der Wert der Maßnahme, gegen die sich ein Schuldner wendet, kann dabei einen Anhaltspunkt darstellen, ist aber nicht verbindlich. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung könnte man deshalb ausgehend von dem Wert der Sache – hier 250.000 DM – entsprechend dem Interesse der Schuldner einen Bruchteil hiervon als Wert des Vollstreckungsschutzantrages annehmen. Geht es, wie vorliegend, den Schuldnern aber darum, die zu räumende Wohnung lediglich noch 3 weitere Monate nutzen zu können, bietet es sich nach Auffassung des Senats jedoch an, wie bereits unter der vor 1994 noch geltenden Vorschrift des § 57 Abs. 2 BRAGO über § 8 Abs. 1 BRAGO auf die in § 16 Abs. 2 GKG enthaltene Regelung zurückzugreifen. Dort wird auf den Nutzungswert abgestellt. Nach Satz 1 ist für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts grundsätzlich der für die Dauer eines Jahres zu entrichtende Zins maßgeblich. Nach Satz 2 ist der Wert der Nutzung eines Jahres anzunehmen, wenn die Räumung oder Herausgabe aus einem anderen Rechtsgrund verlangt wird. Grundsätzlich wäre also danach der Gegenstandswert auf den Betrag der Jahresmiete festzusetzen. Hierbei würde jedoch wiederum das Interesse der Schuldner, welches sie mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag verfolgen, nicht ausreichend beachtet. § 16 Abs. 2 S. 1 GKG läßt auch die Möglichkeit zu, einen nach Abs. 1 geringeren Streitwert festzusetzen. Wenn die streitige Zeit weniger als 1 Jahr ausmacht, ist der geringere Wert maßgebend. Dies ist vorliegend der Mietwert für 3 Monate, so daß der Gegenstandswert vom Amtsgericht zutreffend festgesetzt worden war.
Ein Kostenausspruch unterbleibt (§ 10 Abs. 2 S. 4 und 5 BRAGO).
Unterschriften
Dr. Bamberger, Krämer, Marx
Fundstellen