Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung bei Räumungsvollstreckung. sofortige Beschwerde der Schuldnerin
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 17.10.1996; Aktenzeichen 2 T 564/96) |
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Aktenzeichen 1 M 982/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluß des Landgerichts Koblenz vom 17. Oktober 1996 abgeändert.
Der Gegenstandswert für den Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin vom 17.5.1996 wird auf 1.000 DM festgesetzt.
Gründe
1. Die Schuldnerin wurde durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 6.5.1996 verurteilt, die im Grundbuch des Amtsgerichtes Bad Neuenahr-Ahrweiler für N. in Band …, Blatt … verzeichneten Grundstücke Flur, Nr. /30 und /13 zu räumen, die Aufbauten zu beseitigen und an die Gläubigerin herauszugeben.
Bei den beiden Grundstücken handelt es sich um schmale Streifen entlang der durch … N. führenden H. straße. Sie liegen zwischen dem Bürgersteig und dem der Schuldnerin gehörenden Grundstück, auf dem sie einen Bau- und Gartenmarkt betreibt. Auf den beiden Geländestreifen entlang des Bürgersteiges war ein Zaun errichtet. Die Geländestreifen waren so in den Markt der Schuldnerin integriert.
Nach Erlaß des Versäumnisurteils legte die Schuldnerin Einspruch ein, begehrte die Vollstreckung einstweilen einzustellen und stellte zugleich Vollstreckungsschutzantrag nach § 765 a ZPO. Ziel ihres Begehrens war es nicht, die Räumung gänzlich zu verweigern. Vielmehr wartete die Schuldnerin auf die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines neuen Zaunes sowie einer neuen Zufahrt zu ihrem Grundstück. Mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag wollte sie vermeiden, daß sie den entlang des Bürgersteiges der H. straße errichteten Zaun abreißen und provisorisch an einer Stelle wiedererrichten mußte, die möglicherweise nicht dem endgültigen Bebauungsplan entsprach. Die Vollstreckung sollte deshalb nach ihrem Willen solange ausgesetzt werden, bis die endgültige Baugenehmigung vorlag.
Das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler hat den Vollstreckungsschutzantrag der Schuldnerin mit Beschluß vom 14.6.1996 zurückgewiesen. Die Schuldnerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt.
Nachdem zwischenzeitlich die Baugenehmigung erteilt worden war, hat die Schuldnerin den Zaun beseitigt und an der nach der Baugenehmigung vorgesehenen Steile wiedererrichtet. Die Grundstücksstreifen hat sie geräumt und an die Gläubigerin herausgegeben. Ihre Beschwerde hat sie zurückgenommen.
Das Landgericht hat daraufhin den Beschwerdewert auf 9.500 DM festgesetzt und hierbei auf § 57 Abs. 2 BRAGO und den zu dieser neuen Vorschrift ergangenen Beschluß des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22.3.1996 (14 W 123/96) verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Schuldnerin nunmehr mit ihrer nach § 10 Abs. 3 BRAGO zulässigen Beschwerde.
2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Es kann offenbleiben, ob der Gegenstandswert für einen anwaltlichen Vollstreckungsauftrag nach der Neufassung des § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO nach dem Wert der Wohnung zu bemessen ist (so OLG Koblenz, Beschluß vom 22.3.1996, MDR 1996 Seite 859 m.w.N.) oder trotz dieser Neufassung nach wie vor auf § 16 Abs. 2 GKG zurückgegriffen werden kann (so Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschluß vom 20.5.1996, Rechtspfleger 1996, Seite 421/422). Die Wertfestsetzung ist vorliegend nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu treffen, sondern nach § 57 Abs. 2 Satz 6 BRAGO. Dies folgt bereits aus allgemeinen Grundsätzen, nach denen stets der „Angreifer” den Streitwert maßgeblich bestimmt. Gegenstand des Verfahrens war kein anwaltlicher Vollstreckungsauftrag, sondern ein anwaltlicher Vollstreckungsschutzantrag, gestellt für die Schuldnerin. Während es einem Gläubiger bei der Herausgabe einer Sache im Wege der Zwangsvollstreckung um die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über diese geht, wollte die Schuldnerin vorliegend mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag nach § 765 a ZPO lediglich einen Aufschub der Räumung bis zur endgültigen Erteilung einer Baugenehmigung, also eine weitere Nutzung für eine absehbare, allerdings noch unbestimmte Zeit. Diesen allgemeinen Grundsätzen folgend regelt § 57 Abs. 2 Satz 6 BRAGO den Wert für Anträge eines Schuldners oder für Verfahren über Rechtsbehelfe und Beschwerden abweichend von § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO. Daran ändert auch die Vorschrift des § 58 Abs. 3 Nr. 3 BRAGO nichts, da dort lediglich bestimmt wird, daß es sich bei einem Antrag nach § 765 a ZPO um eine besondere Angelegenheit der Zwangsvollstreckung handelt, für die eine zusätzliche Gebühr verdient wird.
Ausgehend von § 57 Abs. 2 Satz 6 BRAGO ist der Wert deshalb nach dem Interesse der Schuldnerin nach billigem Ermessen zu bestimmen (Gerhard/Schmidt/von Eicken/Madert BRAGO § 57 Rn. 29; Riedel-Sußbauer BRAGO § 57 Rn. 25). Der Wert der Maßnahme, gegen die sich ein Schuldner wendet, kann dabei einen Anhaltspunkt darstellen, ist aber nicht verbindlich. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung könnte man deshalb ausgehend von dem Wert der Sache – hier geschätzte 9.500 DM – e...