Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Antrag nach § 620b Abs. 1 oder 2 ZPO nach Erlass einer einstweiligen Anordnung
Leitsatz (amtlich)
Nach § 18 RVG ist für einen nach Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellten Antrag nach § 620b Abs. 1 oder 2 ZPO ein eigener Wert festzusetzen; dieser ist dem ursprünglichen Wert des Verfahrens hinzuzuaddieren. Das gilt auch für Anordnungen, die auf Zahlung von Unterhalt gerichtet sind, und zwar sowohl nach § 620 ZPO als auch nach § 644 ZPO.
Normenkette
RVG § 18; ZPO §§ 644, 620 ff., § 620b
Verfahrensgang
AG Simmern (Beschluss vom 29.08.2006; Aktenzeichen 5 F 94/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des AG - FamG - Simmern vom 29.8.2006 teilweise dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für das Verfahren der einstweiligen Anordnung auf 5.388 EUR festgesetzt wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Wert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abweichend von der Bewertung des FamG auf 5.388 EUR festzusetzen.
Gemäß § 53 Abs. 2 GKG wird in einem Verfahren nach § 620 S. 1 Nr. 4 und 6, § 644 ZPO auf Erlass einer die Unterhaltspflicht regelnden einstweiligen Anordnung der Wert nach dem sechsmonatigen Bezug berechnet. Das war hier zunächst der vom FamG auf der Grundlage des Beschlusses vom 5.4.2006 errechnete Betrag von 1.542 EUR (69 EUR + 2 × 66 EUR + 56 EUR × 6). Zutreffend rügt die Beschwerde jedoch, dass dieser Wert um den Gegenstandswert des Antrags vom 22.6.2006 zu erhöhen ist. Nach § 18 Nr. 1 des seit dem 1.7.2004 in Kraft befindlichen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes gelten mehrere Verfahren der in lit. a) bis f) aufgeführten einstweiligen Anordnungen, die unter demselben Buchstaben genannt sind, gebührenrechtlich als eine Angelegenheit. Jedoch sind die Gegenstandswerte der mehreren Verfahren zusammenzurechnen, auch wenn diese den gleichen Gegenstand betreffen. Bei dem Antrag auf Abänderung der einstweiligen Anordnung handelt es sich um ein weiteres Verfahren in diesem Sinne. Das folgt aus der ausdrücklichen Erwähnung des § 620b Abs. 1, 2 ZPO in dem die einstweiligen Anordnungen nach § 620 ff. ZPO betreffenden § 18 Nr. 1b) RVG. Im vorliegenden Fall beruht die einstweilige Anordnung auf § 644 ZPO. Zwar ist in dem diese Anordnung betreffenden Buchstaben f) des § 18 RVG die Vorschrift des § 620b ZPO - anders als in lit. b) - nicht ausdrücklich aufgeführt. Jedoch verweist § 18 Nr. 1 lit. f) RVO auf § 644 ZPO, der seinerseits wiederum die §§ 620a bis g ZPO und damit auch die auf Aufhebung oder Änderung einer ergangenen Anordnung gerichtete Vorschrift des § 620b ZPO für entsprechend anwendbar erklärt. Hieraus folgt, dass auch bei einer einstweiligen Anordnung nach § 644 ZPO ein Antrag nach § 620b ZPO eine Streitwerterhöhung auslöst, zumal Gründe für eine wertmäßige Differenzierung zwischen einem Verfahren nach § 644 ZPO und nach § 620 ZPO nicht erkennbar sind.
Nach bisherigem Recht (§ 41 BRAGO) erhielt der Rechtsanwalt für mehrere, den gleichen Gegenstand betreffende Verfahren der einstweiligen Anordnung die Gebühren ebenfalls nur einmal, allerdings nur aus einem, nämlich dem höchsten Streitwert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucks. 15/1971, 192) trug dies dem zusätzlichen Aufwand des Rechtsanwalts für die weiteren Verfahren nicht ausreichend Rechnung. Deshalb werden nunmehr als Ausgleich dafür, dass die mehreren Verfahren gebührenrechtlich als eine Angelegenheit gelten, die Streitwerte zusammengerechnet. Das gilt nicht nur bei Beantragung mehrerer, in einer Ziffer des § 18 RVG aufgeführter einstweiliger Anordnungen, sondern auch bei Wiederholung eines Antrags oder für den Antrag auf Abänderung einer erlassenen Anordnung (so auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 18, Rz. 16 und 17; OLG München v. 9.12.2005 - 16 WF 1831/05, OLGReport München 2006, 283 = NJW-RR 2006, 357 zu mehreren, die elterliche Sorge betreffenden Anordnungen). Soweit demgegenüber Wolf in Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl. (dort § 18, Rz. 33 und 34) die Auffassung vertritt, der Streitwert erhöhe sich nicht, wenn das Gericht nach § 620b Abs. 1 oder 2 ZPO eine Anordnung aufhebe oder ändere, beruht dies ausweislich der zum Nachweis zitierten Entscheidungen auf der alten Gesetzeslage nach § 41 BRAGO und missachtet die ausdrückliche gesetzliche Anordnung in § 18 RVG zur Zusammenrechnung der Gegenstandswerte.
Zwar liegt in einer solchen Erhöhung des Streitwertes im Falle einer auf Zahlung von Unterhalt gerichteten Anordnung ein Widerspruch zu dem in §§ 42, 53 Abs. 2 GKG zum Ausdruck gebrachten Anliegen des Gesetzgebers, den Wert von Unterhaltsverfahren aus sozialen Zwecken möglichst niedrig zu halten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 42 GKG, Rz. 2). Jedoch lässt die Fassung des § 18 RVG und die aus den Materialien ersichtliche ...