Leitsatz (amtlich)
Unterlassungsanordnungen können auch gegen schuldunfähige Stalker ergehen.
Die Vollstreckung von Ordnungsmitteln gegen schuldunfähige Stalker ist demgegenüber nicht möglich. Auch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen vom 01.03.2017 (BGBl I 2017 S. 386) bietet insoweit keinen effektiven Opferschutz.
Normenkette
GewSchG § 1; FamFG §§ 59 f.; ZPO § 890
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 07.02.2017 aufgehoben und der Ordnungsmittelantrag des Antragstellers aus Schriftsatz vom 17.01.2017 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten beider Rechtszüge.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegen die Antragsgegnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 01.09.2016 eine erneute Gewaltschutzanordnung erlassen, auf die verwiesen wird (Bl. 8 ff. d.A.) und welche u.a. ein Näherungs- und Kontaktaufnahmeverbot zum Schutz des Antragstellers und dessen Wohnanwesens sowie dessen Geschäftssitzes vor in der Vergangenheit fortlaufend erfolgten massivsten Nachstellungen der Antragsgegnerin enthält. Zugleich wurden der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und Ordnungshaft angedroht.
In der Folgezeit wurde gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlung gegen den vorgenannten Beschluss ein Ordnungsmittel durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 27.10.2016 verhängt.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller erneut die Festsetzung eines Ordnungsmittels, und zwar wegen diverser, in seinem Schriftsatz vom 17.01.2017 angeführter Verstöße gegen das oben erwähnte Näherungs- und Kontaktaufnahmeverbot im Zeitraum vom 06.01.2017 bis 09.01.2017. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17.01.2017 Bezug genommen (Bl. 267 ff. d.A.).
Nachdem die Antragsgegnerin die ihr hier vorgeworfenen Verstöße nicht in erheblicher Weise bestritten hatte, hat das Familiengericht gegen sie mit der angefochtenen Entscheidung vom 07.02.2017 Ordnungshaft von 21 Tagen verhängt. Dabei hat es u.a. ausgeführt, dass Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit nicht bestünden. Der Vortrag der insoweit darlegungs- und nachweispflichtigen Antragsgegnerin hierzu genüge nicht ansatzweise.
Mit einen Tag vor Erlass des Ordnungshaftbeschlusses eingegangenem, jedoch wohl erst nach Erlass des Ordnungshaftbeschlusses dem Familienrichter vorgelegten Schriftsatz vom 06.02.2017 hat die Antragsgegnerin u.a. zwei Bundeszentralregisterauszüge eingereicht, wonach gegen sie angestrengte Strafverfahren u.a. wegen Verstoßes gegen § 4 GewSchG wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden sind. Anschließend hat sie gegen den ihr am 09.02.2017 zugestellten Ordnungshaftbeschluss am 07.02.2017 Beschwerde eingelegt und diese darin sowie in diversen weiteren Schriftsätzen begründet. Wegen deren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift (Bl. 326 f. d.A.) und die weiteren Schriftsätze verwiesen.
Das Familiengericht hat das Rechtsmittel dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Ordnungsmittelbeschluss. Insbesondere habe die Antragsgegnerin eine bestehende Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt nicht nachgewiesen.
Der Senat hat mit dem Antragstellervertreter am 06.03.2017 zugegangener Verfügung vom 01.03.2017 darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin nunmehr ausreichend substantiierte Anhaltspunkte für eine bestehende Schuldunfähigkeit dargetan und der Senat daher die entsprechenden Strafakten beigezogen habe. Des Weiteren hatte der Senat ausgeführt, dass aus dem im Strafverfahren eingeholten Gutachten tatsächlich von einer Schuldunfähigkeit der Antragsgegnerin auszugehen und diese auch in Bezug auf die vorliegend mit dem Ordnungshaftbeschluss geahndeten Verstöße gegeben sein dürfte. Schließlich hatte der Senat mitgeteilt, dass er beabsichtige, nach dem 14.03.2017 über das Rechtsmittel der Antragsgegnerin zu entscheiden und der Antragstellerseite angeboten, u.a. in das im Strafverfahren eingeholte Gutachten zur Schuldfähigkeit Einsicht zu nehmen. Mit Verfügung des Senats vom 09.03.2017 wurde dem Antragsteller antragsgemäß Fristverlängerung bis 28.03.2017 gewährt. Mit am 23.03.2017 eingegangenem Schriftsatz vom "28.03.2017" hat der Antragstellervertreter weitere Ausführungen zur Frage der Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin gemacht und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Schuldunfähigkeit bzw. die Überlassung des im Strafverfahren eingeholten Gutachtens angeregt. Hieraufhin hat der Senat dem Antragstellervertreter das im Strafverfahren eingeholte Gutachten übersandt. Anschließend hat die Antragstellerseite mit am 28.03.2017 eingegangenem Schriftsatz um Beiziehung der Akte Landgericht Koblenz, Az. 2 T 59/17 ersucht und schließlich am 29.03.2017 mitgeteilt, dass ihr das im Strafverfahren eingeholte Gutachten nunmehr vorliege. Hi...