Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten des Berufungsbeklagten nach gerichtlichem Hinweis auf Unzulässigkeit des Rechtsmittels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach einem gerichtlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hat der Berufungsbeklagte in der Regel keinen Anlass, einen Anwalt für das Berufungsverfahren zu beauftragen. Dadurch entstandene Kosten sind nicht erstattungsfähig.

2. Das ist durch die gerichtliche Kostenentscheidung nach § 516 Abs. 3 ZPO nicht in Frage gestellt, weil sie nur besagt, dass der Berufungskläger die notwendigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104, 516; RVG-VV Nrn. 3200-3201

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 26.02.2007; Aktenzeichen 2 O 186/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der zugunsten des Beklagten H. S. ergangene, über 1.693,60 EUR lautende Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 26.2.2007 aufgehoben:

Der Antrag des Beklagten H. S. vom 13.11.2006 auf Festsetzung der im Berufungsverfahren 5 U 1220/06 OLG Koblenz entstandenen Anwaltskosten wird abgelehnt.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte H. S. zu tragen.

III. Der Beschwerdewert beträgt 1.693,60 EUR.

 

Gründe

Nachdem die Klage gegen den Zweitbeklagten durch rechtskräftiges Teilurteil abgewiesen worden war, betraf das spätere, ebenfalls klageabweisende Schlussurteil in der Hauptsache nur noch die Beklagten zu 1), 3) und 4).

Gleichwohl richtete die Klägerin ihre Berufung versehentlich auch gegen den Zweitbeklagten. Dem Prozessbevollmächtigten des Zweitbeklagten wurde die Berufungsschrift am 6.9.2006 zugestellt. Die Zustellung der Berufungsbegründung mit dem Antrag "die Beklagten" zur Zahlung von 49.455,95 EUR zu verurteilen erfolgte am 27.10.2006.

Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Berichterstatter des Berufungsgerichts den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, die Berufung gegen den Zweitbeklagten sei unzulässig. Daher sei beabsichtigt, das Rechtsmittel zu verwerfen. Eine Abschrift dieses Hinweisschreiben ging den Prozessbevollmächtigten des Zweitbeklagten am 31.10.2006 zu. Die Berufung wurde (soweit unzulässig) am 3.11.2006 zurückgenommen. Durch Beschluss vom selben Tag sind der Klägerin die im Berufungsverfahren entstandenen Kosten des Zweitbeklagten auferlegt worden.

Diese Entscheidung und die Berufungsrücknahme wurden den Prozessbevollmächtigten des Zweitbeklagten am 7.11.2006 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 6.11.2006 hatten sie sich jedoch bereits für den Zweitbeklagten bestellt und die Verwerfung der Berufung beantragt.

Durch den nunmehr angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Rechtspflegerin eine 1,6-fache Gebühr nach 3200 RVG-VV gegen die Klägerin festgesetzt und zur Begründung u.a. ausgeführt, die zugunsten des Zweitbeklagten ergangene Kostengrundentscheidung nach § 516 Abs. 3 ZPO sei bindend.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde vertritt die Klägerin die Ansicht, die Kosten des Zweitbeklagten seien nicht notwendig gewesen und daher auch nicht erstattungsfähig. Allenfalls schulde sie die nach 3201 RVG-VV ermäßigte Gebühr.

Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Die angemeldeten Kosten waren nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 Satz ZPO. Nach der Mitteilung des Berufungsgerichts vom 27.10.2006 bestand kein vernünftiger Zweifel daran, dass die gegen den Zweitbeklagten eingelegte Berufung unzulässig war, weil das Schlussurteil ihn nicht betraf. In einer derartigen Situation hat der Berufungsbeklagte in der Regel keinen unter Erstattungsgesichtspunkten billigenswerten Anlass, in irgendeiner Weise tätig zu werden. Dass der Zweitbeklagte gleichwohl einen dahingehenden Auftrag erteilt hat, ist nicht zu ersehen. Von daher erscheint bereits zweifelhaft, ob die Gebühr überhaupt entstanden ist. Jedenfalls ist sie nicht erstattungsfähig. Der Auffassung der Rechtspflegerin könnte nur gefolgt werden, wenn Vertretungsauftrag und Bestellung vor Eingang des gerichtlichen Hinweises am 31.10.2006 erfolgt wären. Das ist nicht zu ersehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1758391

JurBüro 2007, 429

MDR 2007, 1105

AGS 2007, 370

OLGR-West 2007, 918

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