Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Kindesunterhaltes
Leitsatz (amtlich)
Schuldet der Unterhaltspflichtige einem volljährigen und einem minderjährigen Kind Unterhalt, so ist zur Bestimmung des Unterhalts des volljährigen Kindes der Zahl- und nicht der Tabellenunterhalt des vorrangigem minderjährigen Kindes abzusetzen.
Normenkette
BGB § 1609 Nrn. 1, 4, § 1612b Abs. 1
Verfahrensgang
AG Altenkirchen (Beschluss vom 28.05.2008; Aktenzeichen 41 F 50/07) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Altenkirchen vom 28.5.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat dem Beklagten zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Verteidigung gegen Unterhaltsanspruch des Klägers zu 2) ab Januar 2008 und hinsichtlich der Widerklage versagt.
Der Beklagte schuldet dem volljährigen Kläger zu 2) ab Januar 2008 einen laufenden Barunterhalt i.H.v. 35 EUR. Die Berechnung in dem angegriffenen Beschluss ist nicht zu beanstanden. Das Gesamteinkommen beider Elternteile beträgt 2.688 EUR. Der Bedarf des Klägers bestimmt sich nach der 4. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008, und beträgt somit 470 EUR. Hiervon ist das Kindergeld i.H.v. 154 EUR in Abzug zu bringen. Es verbleibt ein Bedarf i.H.v. 316 EUR abzgl. des eigenen Einkommens des Klägers zu 2) i.H.v. 149 EUR, mithin ein Bedarf von 167 EUR.
Im Hinblick auf die beiderseitige Barunterhaltspflichtverpflichtung ist dieser Bedarf gleichmäßig auf beide Elternteile aufzuteilen, dies unter Berücksichtigung des Selbstbehalts von jeweils 1.100 EUR ggü. volljährigen Kindern (Ziff. 21.3.1 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des OLG Koblenz - KoL - Stand: 1.1.2008).
Von dem unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten ist der für die minderjährige Klägerin zu 1) geschuldete Barunterhalt abzusetzen. Dabei ist nicht der Tabellenbetrag (hier: 365 EUR), sondern nur der Zahlbetrag, der sich aus dem Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abzgl. des hälftigen Kindergeldes ergibt (hier: 288 EUR), abzusetzen. Das entspricht der weit überwiegenden neueren Ansicht in der Literatur (vgl. Borth, Unterhaltsänderungsgesetz, 2007, Rz. 332, 341 f.;) Dose, FamRZ 2007, 1289, 1292 f.; Gerhardt, FamRZ 2007, 945; Klinkhammer, FamRZ 2008, 193, 199) und der Rechtsprechung des BGH zum Vorwegabzug des Zahlbetrags bei der Bestimmung des Unterhalts eines getrennt lebenden Ehegatten für den Fall, dass ein Unterhaltspflichtiger einem volljährigen Kind Unterhalt schuldet (FamRZ 2008, 963 f.; vgl. dazu Borth, FamRB 2008, 170). Diese Ansicht findet Bestätigung in der Gesetzesbegründung. In der BT-Drucks. 16/1830, S. 29 heißt es zu § 1612b BGB:
"Schließlich führt die Neuregelung zu gerechteren Ergebnissen in Fällen, in denen es um das Verhältnis vorrangiger Kinder zu nachrangigen Unterhaltsberechtigten, insb. zu dem unterhaltsberechtigten, betreuenden Elternteil, oder im Verhältnis von Erst- zu Zweitfamilie geht: Der bedarfsmindernde Vorwegabzug des Kindergelds beim Barunterhalt des Kindes bewirkt, dass im Mangelfall von der für eine Verteilung zur Verfügung stehenden Masse ein geringerer Anteil für den Kindesunterhalt erforderlich ist und ein entsprechend größerer Anteil für die Verteilung unter nachrangig Unterhaltsberechtigten, etwa dem betreuenden Elternteil, zur Verfügung steht."
Ihr schließt der Senat sich an. Schuldet der Unterhaltspflichtige einem volljährigen und einem minderjährigen Kind Unterhalt, so ist zur Bestimmung des Unterhalts des volljährigen Kindes der Zahlbetrag abzuziehen, der sich für das minderjährige Kind nach Abzug des hälftigen Kindergeldes ergibt.
Das führt vorliegend dazu, dass der Beklagte i.H.v. 41,80 EUR und die Kindesmutter i.H.v. 158,21 EUR leistungsfähig ist. Ausgehend von einer verteilungsfähigen Masse von 200,01 EUR und eines ungedeckten Bedarfs des Klägers zu 2) i.H.v. 167 EUR ergibt sich für den Beklagten ein zu zahlender Unterhalt von 35 EUR (= 20,9 %).
Fundstellen
FuR 2009, 286 |
OLGR-West 2008, 765 |