Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Bewilligung bei vorhandener Lebensversicherung
Leitsatz (redaktionell)
Prozesskostenhilfe kann bei bescheidenen Lebensverhältnissen des Antragstellers trotz Bestehens einer Lebensversicherung bewilligt werden, wenn diese zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Altersversicherung abgeschlossen worden ist und eine vorzeitige Vertragskündigung einen gravierenden Vermögensverlust darstellen würde.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 2 a.F., § 124 Nr. 2; BSHG § 88 Abs. 2-3
Verfahrensgang
AG Altenkirchen (Beschluss vom 15.06.2004; Aktenzeichen 4 F 86/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Altenkirchen vom 15.6.2004 aufgehoben.
Die der Antragstellerin für den ersten Rechtszug gewährte Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung (Beschluss des AG v. 3.4.2002) bleibt bestehen.
Gründe
I. Mit - rechtskräftigem - Urteil vom 5.11.2002 (Bl. 41-43 GA) hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Antragstellerin war mit Beschluss des AG vom 3.4.2002 (Bl. 12 GA; 15 PKH-Heft) - auf der Grundlage ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 26.2.2002 (Bl. 1 PKH-Heft) - für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt worden. Mit Beschluss vom 15.6.2004 (Bl. 51 PKH-Heft) hob das AG die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mit der Begründung wieder auf, dass die Antragstellerin in der Erklärung vom 26.2.2002 wahrheitswidrig eine Lebensversicherung mit einem Guthaben von 10.000 EUR nicht angegeben habe. Hiergegen richtet sich die (sofortige) Beschwerde der Antragstellerin vom 21.6.2004 (Bl. 53/54 PKH-Heft).
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der PKH-Bewilligung gem. § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO (absichtliche oder aus grober Nachlässigkeit gemachte unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) liegen - entgegen der Ansicht des zur Entscheidung berufenen Rechtspflegers (§ 20 Nr. 4 Buchst. c RPflG) - nicht vor.
a) Allerdings hat die Antragstellerin eingeräumt, dass sie in der ursprünglichen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 26.2.2002 - im Abschnitt G. ("Sonstige Vermögenswerte") - die seit September 1972 fortlaufend aufgebaute (Kapital-)Lebensversicherung bei der D. in Köln (Versicherungsschein Nr. ...; Versicherungssumme 10.000 DM, monatlicher Beitrag 17,70 DM = 9,05 EUR - Bl. 62 PKH-Heft; Stand der Gesamtleistung per 1.10.2004: 9.811,33 EUR - Bl. 63 PKH-Heft) nicht angegeben hat. Sie hat indessen im Aufhebungsverfahren (Schreiben v. 9.6.2004 - Bl. 48/49 PKH-Heft -, s.a. Beschwerdeschrift v. 21.6.2004 - Bl. 53/54 PKH-Heft -) dargelegt, dass die mit der Vollendung ihres 60. Lebensjahres zur Auszahlung fällige Lebensversicherung der Aufbesserung ihrer kargen, nicht durch Rücklagen ergänzten Rente (Teilzeittätigkeit; krankheitsbedingte Frühverrentung) zu dienen bestimmt sei; diese "Altersabsicherung" habe sie nicht als (sofort verfügbare, auszahlungsreife oder der reinen Kapitalmehrung dienende) "Lebensversicherung" im Sinne des PKH-Formulars verstanden und daher damals nicht angegeben. Mit diesem Vortrag, der mit den aus den Akten ersichtlichen persönlichen Verhältnissen der Antragstellerin und auch dem - erst vom Senat angeforderten - Versicherungsschein harmoniert, hat sich der Rechtspfleger nicht auseinander gesetzt; er hat auch keine - sich hier in besonderem Maße aufdrängenden und bei der Ermessensentscheidung nach § 124 Nr. 2 ZPO bedeutsamen - Feststellungen zum Schweregrad des Verschuldens getroffen (OLG Brandenburg v. 11.4.2001 - 12 W 67/00, Rpfleger 2001, 503 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 124 Rz. 7).
Es fällt weiter auf, dass die Antragstellerin in ihrer - vom Rechtspfleger im Verfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO angeforderten - aktuellen Erklärung vom 18.2.2004 (Bl. 24 PKH-Heft) im Abschnitt G das Bestehen einer "Lebensversicherung" angegeben hatte; hierauf hat der Rechtspfleger am 7.4.2004 verfügt (Bl. 45 PKH-Heft), dass "weiterhin unverändert Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung zu gewähren" sei.
Unter diesen Umständen mag eine der Antragstellerin gleichwohl anzulastende "grobe Nachlässigkeit" i.S.d. § 124 Nr. 2 ZPO bei der Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits durchgreifenden Bedenken unterliegen. Ungeachtet dessen kann die Aufhebung der PKH-Bewilligung aber auch sonst keinen Bestand haben. Denn der Antragstellerin hätte es - bei pflichtgemäßer Erklärung - im Hinblick auf die von ihr nachvollziehbar und unwiderlegt erläuterte Zweckbestimmung der fraglichen - eher bescheidenen - (kapitalbildenden) Lebensversicherung nicht angesonnen werden können, diese zur Finanzierung der Prozesskosten aufzulösen. Das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung aufgebaute V...