Leitsatz (amtlich)
1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung eines Beklagten zur Erteilung von Auskünften bemisst sich grundsätzlich nach seinem Interesse, die geforderte Auskunft nicht leisten zu müssen, wobei regelmäßig auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen ist, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert.
2. Ein Auskunftspflichtiger, der mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet, erbringt die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit, so dass sein Zeitaufwand entsprechend den Regelungen für Zeugen in § 20 JVEG mit 3,50 EUR pro Stunde bewertet werden kann.
3. Wird die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 1 ZPO verworfen, so verliert eine im Berufungsverfahren erhobene Widerklage entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 9 O 138/18) |
Tenor
1. Die Berufungen der Beklagten zu 1. und 2. gegen das am 03.12.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz, Az.: 9 O 138/18, werden als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Beklagten zu 1. zu 1/3 und der Beklagten zu 2. zu 2/3 auferlegt.
3. Dieser Beschluss und das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Koblenz sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von (jeweils) 2.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
4. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufung des Beklagten zu 1. wird auf 150,00 EUR und für die Berufung der Beklagten zu 2. auf 300,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger und der Beklagte zu 1. sind Geschwister und Söhne des am xx.xx.2017 verstorbenen Alfred L., im Folgenden Erblasser genannt, dessen Alleinerbe der Kläger ist. Die Beklagten sind Eheleute.
Die Beklagten besaßen Kontovollmacht über ein im Klageantrag näher bezeichnetes Konto des Erblassers bei der Volksbank K. e.G.. Mit dem Ziel der Rückzahlung von nach seiner Behauptung seitens der Beklagten getätigter Barabhebungen nimmt der Kläger die Beklagten im Wege der Stufenklage auf der ersten Stufe jeweils auf Rechnungslegung hinsichtlich der von diesem Konto (angeblich) an sie erfolgten Auszahlungen in Anspruch.
Hinsichtlich der weitergehenden Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Koblenz vom 03.12.2019 Bezug genommen.
Durch das angefochtene Teilurteil hat das Landgericht der Klage auf der Auskunftsstufe teilweise stattgegeben und den Beklagten zu 1. zur Auskunftserteilung hinsichtlich eines Betrages von 48.500,00 EUR und die Beklagte zu 2. hinsichtlich eines Betrages von 19.940,00 EUR verurteilt.
Unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens beantragen die Beklagten im Berufungsverfahren,
die Klage unter Aufhebung des Teilurteils des Landgerichts Koblenz (9 O 138/18) abzuweisen.
Hilfsweise beantragen sie erstmals im Berufungsverfahren,
den Kläger zu verurteilen, an sie sämtliche Kontoauszüge für die Zeit vom xx.xx.2015 bis xx.xx.2017 bezüglich des seinerzeitigen Kontos des Alfred L. zur Kto.-Nr. 201xxxxxxx bei der Volksbank K. eG zur Einsicht vorzulegen, wie auch die auf den Alfred L. seinerzeit laufenden Sparbücher.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die hilfsweise geltend gemachte Widerklage abzuweisen.
II. Die Berufungen der Beklagten sind mangels Erreichens der Mindestbeschwer des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO jeweils unzulässig; die im Berufungsverfahren hilfsweise erhobene Widerklage verliert entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung eines Beklagten zur Erteilung von Auskünften bemisst sich grundsätzlich nach seinem Interesse, die geforderte Auskunft nicht leisten zu müssen. Von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen ist bei der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft für die Bemessung der Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert (BGH GRUR-RS 2020, 19452; NJOZ 2018, 361; NJW-RR 2015, 1153; DStR 2010, 1247; NJW-RR 2009, 80). Hierbei kann der eigene Zeitaufwand des Pflichtigen entsprechend den Regelungen für Zeugen in § 20 JVEG mit 3,50 EUR pro Stunde bewertet werden (BGH NJOZ 2018, 361). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Auskunftspflichtige, der mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbringt. Soweit der BGH in seiner Rechtsprechung teilweise auch eine höhere Stundenvergütung nach § 22 JVEG (derzeit 21,0...