Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe-Vergütung eines beigeordneten Anwalts. Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrensgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Die Regelung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zur Nr. 3100 RVG-VV, wonach eine wegen desselben Gegenstandes nach den Nrn. 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird, gilt auch für die Prozesskostenhilfe.
Normenkette
RVG-VV Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4; RVG-VV Nrn. 2300, 3100
Verfahrensgang
AG Lahnstein (Beschluss vom 26.02.2009; Aktenzeichen 5 F 124/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Lahnstein vom 26.2.2009 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin hat den Beklagten auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde betreffend die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Mit Beschluss vom 8.8.2008 hat das AG dem Beklagten Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und ihm Rechtsanwalt ... beigeordnet. Das Prozessverfahren selbst wurde durch Vergleich beendet, der u.a. vorsieht, dass die Verfahrenskosten gegeneinander aufgehoben werden.
Am 28.8.2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt, seine Vergütung auf insgesamt 377,82 EUR festzusetzen. Hierin enthalten ist eine Verfahrensgebühr gem. VV 3100 RVG i.H.v. 110,50 EUR zuzüglich Umsatzsteuer; gleichzeitig hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärt, dass er in der vorliegenden Sache vorgerichtlich keine Zahlungen, d.h. weder eine Gebühr für Beratungshilfe noch eine Geschäftsgebühr erhalten hat.
Mit Beschluss vom 10.9.2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG die Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf 312,08 EUR festgesetzt. Dabei hat er eine nach § 49 RVG berechnete 0,5-Geschäftsgebühr i.H.v. 65,75 EUR brutto auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat das AG mit Beschluss vom 26.2.2009, zugestellt am 6.3.2009, zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit seiner am 11.3.2009 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass die Geschäftsgebühr auf seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfevergütung aus der Staatskasse nicht anzurechnen sei.
II. Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsmittel ist - wenn auch eine Beschwer von über 200 EUR nicht vorliegt - statthaft, nachdem das AG die Beschwerde ausdrücklich gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen hat. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die den in dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Betrag übersteigt.
Durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Prozessbevollmächtigter des Beklagten ist eine 1,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 RVG-VV angefallen, die der Beschwerdeführer in seinem Festsetzungsantrag auch zutreffend berechnet hat. Da der Beschwerdeführer jedoch, wie sich aus der im Hauptsacheverfahren vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz ergibt, wegen desselben Gegenstands bereits vorgerichtlich für den Beklagten tätig war, ist die hierdurch entstandene 1,3-Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies ergibt sich, wie das AG zutreffend angenommen hat, aus Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 zu Nr. 3100 RVG-VV. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift wird eine Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, wenn und soweit die außergerichtliche und die gerichtliche Tätigkeit des Anwalts - wie dies hier der Fall ist - denselben Gegenstand betreffen. Dies gilt auch im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner erstattet werden muss und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (so BGH, FamRZ 2009, 225; BGH FamRZ 2008, 878; aA OLG Oldenburg, FamRZ 2008, 541, 542).
Demgegenüber vermag der Senat nicht der Auffassung des Beschwerdeführers zu folgen, wonach im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verfahrensgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts nicht um die hälftige Geschäftsgebühr zu kürzen sei. Diese auch vom OLG Stuttgart (vgl. Beschluss vom 15.1.2008 - Az. 8 WF 5/08 -, FamRZ 2008, 1013 ff. sowie juris Rz. 13 ff.) vertretene Auffassung findet im Gesetz keine Grundlage. Die hier maßgebliche Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 RVG-VV enthält keine Ausnahmeregelung zugunsten beigeordneter Rechtsanwälte; eine solche Ausnahmeregelung wäre auch nach dem Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigt, der darin besteht, eine...