Leitsatz (amtlich)

1. Erteilt ein Ehegatte dem anderen für sein Einzelkonto Vollmacht, so darf der Bevollmächtigte von der Vollmacht während des ehelichen Zusammenlebens zum Zwecke der allgemeinen Lebensführung Gebrauch machen, ohne dass er später Rückforderungsansprüchen des Kontoinhabers ausgesetzt ist. Das gilt allerdings nicht, wenn es sich bei dem Konto - wie z.B. bei einem Baukonto - um zweckgebundenes Vermögen handelt. Der Vollmacht im Außenverhältnis liegt in diesem Fall im Innenverhältnis die konkludente Abrede zugrunde, dass Kontoverfügungen nur zweckgebunden erfolgen dürfen (Anschluss an: OLG Bamberg FamRZ 1991, 1058).

2. Der Zugewinnausgleich ist nicht vorrangig gegenüber sonstigen schuldrechtlichen Ansprüchen zwischen Ehegatten. Vielmehr sind die schuldrechtlichen Ansprüche bei der Berechnung eines etwaig geltend gemachten Zugewinns im jeweiligen Endvermögen als Aktiv- bzw. Passivposten zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 164 Abs. 1, §§ 167, 687 Abs. 2, § 681 S. 2, §§ 667, 1378

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 07.04.2017 wird dieser abgeändert und der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe für ihren Antrag vom 30.12.2016 ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt. Ihr wird das Rechtsanwaltsbüro von D., Koblenz, zur Vertretung beigeordnet.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschluss des Amtsgerichts ist in der Sache begründet.

Der (noch nicht förmlich zugestellte) Antrag hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Antragsgegner, der Vollmacht für das Baukonto besaß, am 07.05.2015 und 08.07.2015 einmal 25.000 EUR und einmal 15.000 EUR von dem Baukonto auf sein Konto für private Zwecke überwiesen hat. Stellt sich im weiteren Verfahren heraus, dass der Antragsgegner keine besondere Zustimmung der Antragstellerin für diese Handhabung beweisen kann, hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Erstattung aus §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1678 m.w.N.; OLG Düsseldorf, FamRZ 1992, 439).

Unstreitig handelt es sich um ein Baukonto von dem ausschließlich die Kosten für den Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des in gemeinschaftlichen Eigentum der Beteiligten stehenden Wohnhauses beglichen werden sollten, nicht um ein Konto, von dem die allgemeinen Lebenshaltungskosten der Eheleute finanziert worden sind. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, dass die Eheleute zur damaligen Zeit noch nicht getrennt gelebt haben. Die Trennung war erst im November 2015. Zwar gilt während des ehelichen Zusammenlebens, dass bei Bevollmächtigung des Ehepartners für ein Einzelkonto der Bevollmächtigte von der Vollmacht zum Zwecke der allgemeinen Lebensführung Gebrauch machen darf, ohne dass er später Rückforderungsansprüchen des Kontoinhabers ausgesetzt ist (vgl. die Nachweise bei Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 6.Aufl. 2015, Rn 1770). Hier handelt es sich jedoch um ein Konto der Antragstellerin, welches ausschließlich aus den Baudarlehen der Sparkasse gespeist war. Der Vollmacht im Außenverhältnis liegt daher im Innenverhältnis die konkludente Abrede (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1991, 1058) zugrunde, dass die Verfügungen über die Darlehenssumme das Bauvorhaben betreffen, was hier unstreitig nicht der Fall war. Gegen diese Auslegung der Reichweite der Vollmacht im Innenverhältnis der Ehegatten spricht nicht, dass die Antragstellerin ebenfalls am 27.09.2016 für private Zwecke 10.000 EUR von dem bewilligten Darlehen abrief und sich auszahlen ließ, denn zum einen geht es insoweit nicht um die Reichweite einer Vollmacht für ein fremdes Konto und zum anderen fand das lange nach der Trennung in einer besonderen Situation statt als der Anspruch der Antragstellerin auf Elterngeld endete und sie ohne Einnahmen dastand.

Der Antragsgegner behauptet, dass die Antragstellerin mit den beiden streitgegenständlichen Verfügungen jeweils ausdrücklich einverstanden gewesen sei, weil er verschiedene gemeinsame zu tragende Aufwendungen habe tätigen müssen. Der Senat hält den seitens des Antragsgegners insoweit dargelegten Sachverhalt wie das Amtsgericht für wenig plausibel. Hierauf muss aber nicht hier im Rahmen der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag eingegangen werden.

Auch die Auffassung des Familiengerichts, die Antragstellerin müsse ihren Anspruch im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahrens geltend machen, wird nicht geteilt. Der Zugewinnausgleich ist nicht vorrangig gegenüber geltend gemachten sonstigen schuldrechtlichen Ansprüchen zwischen Ehegatten. Vielmehr sind die schuldrechtlichen Ansprüche bei der Berechnung des Zugewinns im jeweiligen Endvermögen als Aktiv- bzw. Passivposten zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2009, 193 m.w.N; Wever, Vermögensauseinandersetzung, 5. Aufl. 2009, Rn 345; OLG Koblenz, FamRZ 2015, 142). Soweit ersichtlich ist auch bi...

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