Verfahrensgang
AG Wittlich (Entscheidung vom 23.02.2021) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Wittlich vom 23. Februar 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Wittlich zurückverwiesen.
Gründe
I.
Am 23. Februar 2021 hat das Amtsgericht Wittlich den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 38 km/h (Tatzeit: 03.06.2019) zu einer Geldbuße von 200,00 Euro verurteilt und gegen ihn ein mit einer Anordnung nach § 25 Abs. 2a StVG verbundenes Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Gegen dieses dem Verteidiger am 17. März 2021 zugestellte Urteil wendet sich der Betroffene mit von seinem Verteidiger am 2. März 2021 eingelegter Rechtsbeschwerde. In der Begründung vom 19. April 2021, taggleich bei Gericht eingegangen, wird eine unzureichende Darstellung eines zur Fahreridentifizierung eingeholten anthropologischen Gutachtens in den Urteilsgründen gerügt.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Der Betroffene hatte über seinen Verteidiger Gelegenheit zur Stellungnahme, hat hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, insbesondere - da das Ende der Frist auf den 17. April 2021 und damit einen Sonnabend fiel, die Frist daher erst mit Ablauf des 19. April 2021 (Montag) endete - fristgerecht gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 345 Abs. 1, 43 Abs. 1 und 2 StPO begründete Rechtsbeschwerde führt auf die zulässig erhobene Sachrüge hin zu einem - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Die - allein erhobene - Sachrüge ist zwar nicht ausdrücklich als solche bezeichnet worden; dies ist aber auch nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschl. 5 StR 107/19 v. 19.06.2019 - juris; KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 344 Rn. 26 m.w.N.; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, 1. Aufl., § 344 Rn. 78 m.w.N.). Bemängelt wird eine unzureichende Darstellung eines zur Fahreridentifizierung eingeholten anthropologische Gutachtens in den Urteilsgründen. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich damit eindeutig entnehmen, dass eine Überprüfung des Urteils in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird.
Die Sachrüge hat Erfolg, da ein Darstellungsfehler in der Beweiswürdigung durchgreift.
Die Beweiswürdigung ist allein Sache des Tatrichters und seine Entscheidung vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich hinzunehmen. §§ 261 und 267 StPO verpflichten den Tatrichter jedoch, in den Urteilsgründen darzulegen, dass seine Überzeugung von den die Anwendung des materiellen Rechts tragenden Tatsachen auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Überlegungen bestimmten Beweiswürdigung beruht (vgl. BGH, Beschl. 2 StR 152/20 v. 18.11.2021 - Rn 5 u. 6 n. juris). Der Tatrichter ist über den Wortlaut des § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO hinaus verpflichtet, die wesentlichen Beweiserwägungen in den Urteilsgründen so darzulegen, dass seine Überzeugungsbildung für das Beschwerdegericht nachzuvollziehen und auf Rechtsfehler zu überprüfen ist (vgl. KK-StPO/Kuckein/Bartel, 8. Aufl., § 267 Rn. 12 m.w.N.).
Zunächst lässt sich vorliegend die Sacheinlassung des Betroffenen dem Urteil noch hinreichend entnehmen. In der Beweiswürdigung wird darauf eingegangen, dass der Betroffene pauschal auf Dritte als potentielle Nutzer verwiesen, mithin die Fahrereigenschaft abgestritten hat.
Mit Blick auf die erfolgte Fahreridentifizierung hat das Tatgericht - insoweit rechtsfehlerfrei - auf das Lichtbild ausdrücklich gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. zwar einen geminderten Schärfe- und Kontrastgrad aufweist, es die einzelnen Gesichtszüge und -konturen der abgebildeten Person aber im Wesentlichen - mit Ausnahme von Haaransatz und Stirn des Fahrers, die nur teilweise zu sehen sind - erkennen lässt. Das Messbild ist daher trotz der benannten Einschränkungen in der Bildqualität zur Fahreridentifizierung geeignet. In Ansehung dieser Einschränkungen hat der Tatrichter sich auch nicht allein auf die Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG beschränkt, sondern daneben Ausführungen dazu getätigt, welche Identifizierungsmerkmale er zur Beurteilung der Identität des Betroffenen mit dem abgebildeten Fahrzeugführer herangezogen hat. Daneben wurde nachvollziehbar zur Haltereigenschaft (Firma, hinter der der Betroffene steht) als hinzutretendes Indiz für die Fahrereigenschaft ausgeführt.
Ergänzend hat das Amtsgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob der Betroffene die Person auf dem genannten Messbild ist. Misst das Tatgericht - wie vorliegend - einem Sachverständigengutachten Beweisbedeutsamkeit bei, so muss es die Ausführungen des Sachverständigen in einer (wenn auch gerade in Bußgeldsachen nur gedrängt) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerunge...