Leitsatz (amtlich)

1. Haushaltsspezifische Beeinträchtigungen in einer Größenordnung von 10 % können bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens unberücksichtigt bleiben, wenn im Einzelfall vom Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht verlangt werden kann, dass er derartige Beeinträchtigungen durch technische Hilfsmittel, sowie durch Umorganisation und Umverteilung der Haushaltstätigkeiten auf andere Mitglieder des Haushalts kompensiert.

2. Die Berücksichtigung der Versorgung eines im Haushalt des Geschädigten lebenden Haustieres bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens kommt grundsätzlich in Betracht.

3. Kann der Geschädigte den zum Familienhaushalt gehörenden Hund nach dem Unfall täglich nur noch 75 Minuten - anstelle von zuvor 90 Minuten - ausführen, liegt hierin kein erstattungsfähiger Schaden.

4. Die Versorgung von - "gezüchteten" - Fischen und Hasen stellt eine reine "Liebhaberei" dar, die nicht zu einer Ersatzfähigkeit im Rahmen des Haushaltsführungsschadens führt, allerdings - wenn diese "Liebhaberei" in Folge des Unfalls aufgegeben werden muss - bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sein kann. Entsprechendes gilt für ein in "Vollpension" untergebrachtes Pferd.

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 3 O 74/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 07.08.2020, Az. 3 O 74/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.411,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2016, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,43 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2016 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die weitergehenden Berufungen der Klägerin und der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 65 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 35 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 85 % und die Klägerin 15 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Aufgrund des rechtskräftigen Grund- und Teilurteils des Landgerichts vom 29.09.2017 steht fest, dass die Beklagten der Klägerin im Umfang von 50 % dem Grunde nach schadensersatzpflichtig sind (§ 7 StVG, § 115 Abs. 1 VVG).

Der ersatzfähige Schaden der Klägerin beläuft sich auf insgesamt 5.411,00 EUR (4.000,00 EUR Schmerzensgeld zuzüglich 1.411,00 EUR Haushaltsführungsschaden).

Bezüglich der einzelnen Schadensersatzpositionen gilt Folgendes.

Haushaltsführungsschaden

Das Landgericht ist, gestützt auf die überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. K. in dessen Gutachten vom 28.10.2019 und dessen Ergänzungsgutachten vom 06.04.2020 zu dem Ergebnis gelangt, dass auf Seiten der Klägerin in dem hier zu beurteilenden Zeitraum von folgender unfallbedingter Minderung der Haushaltsführungstätigkeit auszugehen war: 12.07.2015 bis 08.12.2015 : 20 %; 09.12.2015 bis 19.01.2016: 100 %; 20.01.2016 bis 20.03.2016: 20 %. Dieses Ergebnis, was auch der Überzeugung des Senats entspricht, greifen die Beklagten mit ihrer Berufung nicht an.

Die Beklagten vertreten allerdings im Berufungsverfahren die Auffassung, haushaltsspezifische Beeinträchtigungen von maximal 20 % müssten bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens generell unberücksichtigt bleiben, da vom Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht zu verlangen sei, dass er derartige Beeinträchtigungen durch technische Hilfsmittel, sowie durch Umorganisation und Umverteilung der Haushaltstätigkeiten auf andere Mitglieder des Haushalts kompensieren müsse. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass über eine generelle Unbeachtlichkeit von entsprechenden Beeinträchtigungen allenfalls bei einer abstrakten Minderung der Haushaltsführungstätigkeit in einer Größenordnung von 10 % nachgedacht werden kann. Selbst bei einer solchen geringfügigen Beeinträchtigung ist aber jeweils eine entsprechende Betrachtung des Einzelfalles anzustellen (OLG Koblenz 12 U 1052/07, Urteil vom 18.05.2009; OLG Koblenz 12 U 1109/11, Urteil vom 04.05.2015; siehe auch: OLG Karlsruhe in OLGR 1998, 213; OLG Oldenburg in r+s 1993, 101).

Was die Höhe des Haushaltsschadens angeht, ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats an der Klägerin, folgende Umstände darzulegen und im Falle des Bestreitens der Gegenseite unter Beweis zu stellen und zu beweisen: Die konkreten/individuellen Lebens- und Wohnverhältnisse, wie die Größe des Hauses, die Ausstattung des Hauses, die Zahl der zu versorgenden Personen und eine eventuelle Berufstätigkeit. Weiter ist der genaue Umfang der Haushaltstätigkeit vor dem Unfall darzulegen. Was wurde täglich erledigt, was nur wöchentlich, was eventuell monatlich. Dem gegenüberzustellen ist der Umfang der (noch mögli...

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