Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Haftung des Lagerverwalters
Leitsatz (amtlich)
1. Die Haftung für vermutetes Verschulden verlangt vom Lagerverwalter, dass er darlegen und beweisen muss, dass ein durch die Brandentstehung und Brandausweitung entstandener Schaden an dem Lagergut nicht durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte abgewendet werden können. Die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erfordert vom Lagerhalter, dass er sich über die Eignung des Lagerraumes für die Einlagerung von Waren Klarheit verschafft und nur geeignete Räumlichkeiten zur Einlagerung verwendet.
2. Zu den Kardinalpflichten eines Lagerverwalters
Normenkette
VVG § 67; HGB § 475
Gründe
Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 24. Oktober 2008. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt.
I.
Die Klägerin nimmt als Sach- und Feuerversicherer ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma E.... GmbH & Co. KG, die Beklagte, eine Kühlhaus- und Transportgesellschaft mbH, aus übergegangenem Recht (§ 67 WG) sowie auf Grund gewillkürter Prozessstandschaft auf Schadensersatz in Anspruch. Die VN der Klägerin ist durch ein Brandereignis vom 16.07.2001 ein Schaden dadurch entstanden, dass in dem von der Beklagten betriebenen Kühllager in M. eingelagerte Lebensmittelzusatzstoffe bzw. Enzyme vernichtet wurden. Dieser Schaden ist durch die Klägerin und weitere 6 Versicherungsunternehmen reguliert worden. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 509.462,89 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Haftung der Beklagten ist nach Grund und Höhe streitig.
Die Klägerin sieht die für den Versicherungsschaden ursächlich gewordene Pflichtwidrigkeit der Beklagten nach Maßgabe ihres Vorbringens insbesondere in folgenden Umständen:
- in einer fehlerhaften Lagerung (zu geringer Abstand zwischen den an der Decke angebrachten Halogenstrahlern und der obersten Lage der Pappkartons mit Lebkuchen in den Regalen 17 und 18);
- in einem nicht verkehrssicheren Zustand der Deckenbeleuchtung (unter anderem Verwendung von Strahlern, die nur für den Außenbereich zugelassen sein sollen);
- in einer formellen und materiellen Baurechtswidrigkeit des von der Beklagten betriebenen Kühlhauses, weil bis zu dem Brandschadensereignis nicht nur Kühlgut sondern auch andere Güter eingelagert gewesen seien, und Anlagen zur Brandverhütung gefehlt hätten (unter anderem Rauchmelder; Sprinkleranlage);
- in einer nach Art und Menge unzulässigen Einlagerung von Wasser gefährdeten und feuergefährlichen Stoffen.
Die Beklagte will demgegenüber eine für den Versicherungsschaden ursächlich gewordene Pflichtwidrigkeit bei der Brandentstehung und Brandausbreitung nach Maßgabe ihres Vorbringens ausschließen.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass eine Haftung der Beklagten als Lagerverwalter gemäß § 475 Satz 1 HGB für den der VN entstandenen Schaden an den eingelagerten Waren nicht bestehe. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
II.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Das Landgericht führt zutreffend aus, dass wegen der aus § 475 HGB folgenden Haftung für vermutetes Verschulden die Beklagte darlegen und beweisen muss, dass der durch die Brandentstehung und weitere Brandausweitung entstandene Schaden an dem Lagergut der Versicherungsnehmerin nicht durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns abgewendet werden konnte. Die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verlangt vom Lagerhalter, dass er sich über die Eignung des Lagerraumes für die Einlagerung von Waren Klarheit verschafft und nur geeignete Räumlichkeiten zur Einlagerung verwendet (BGH VersR, 1986, 1019, 1020; Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21.01.1993 - 6 U 181/92; OLG Hamburg TransportR 2003, 403 f.; OLG Köln, Urteil vom 13.09.2005 - 3 U 40/05 - TransportR 2006, 401). Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme lasse sich ein für den Schaden ursächlich gewordener Pflichtverstoß der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen nicht feststellen. Vielmehr habe die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nach § 475 Satz 1 HGB erbracht. Hiergegen wendet sich die Klägerin, die insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 286 ZPO) angreift.
Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Gutachten des Sachverständigen Dr. R., zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine vermeintlich fehlerhafte Lagerung durch einen zu geringen Abstand zwischen den an der Decke angebrachten Halogenglühlampen von 1.000 Watt und der obersten Lage der Pappkar...