Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung eines ausländischen Scheidungsausspruchs (Litauen)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Entscheidungen einer ausländischen (hier: litauischen) Verwaltungsbehörde sind nicht anerkennungsfähig gem. § 328 ZPO.

2. Die Wirkungen eines ausländischen Urteils können nur dann auf das Inland erstreckt werden, wenn sie nach der betreffenden Rechtsordnung Geltung beanspruchen. Hieran fehlt es, wenn die ausländische Gerichtsentscheidung im Rechtsmittelzug wieder aufgehoben wurde.

3. Das Prüfungs- und Feststellungsmonopol der Landesjustizverwaltung nach Art. 7 § 1 Abs. 1 S. 1 FamRÄndG begründet ein Verfahrenshindernis. Das erkennende Gericht ist gehalten, das Verfahren zur Herbeiführung der Entscheidung der Landesjustizverwaltung auszusetzen. Die Aussetzung hat jedenfalls dann von Amts wegen zu erfolgen, wenn eine Partei die Anerkennung des ausländischen Scheidungsausspruchs begehrt.

 

Normenkette

FamRÄndG Art. 7 § 1 Abs. 1; ZPO § 328

 

Verfahrensgang

AG Bad Kreuznach (Urteil vom 07.02.2003; Aktenzeichen 9 F 275/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG - FamG - Bad Kreuznach vom 7.2.2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem AG vorbehalten. Gerichtskosten für das Verfahren im zweiten Rechtszug werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der am 31.12.1992 vor dem Standesamt in Mažeikiu (Republik Litauen) mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe (Eheurkunde Bl. 4/5 GA; eingetragen im Eheregister unter Nr. 611). Die Parteien, beide bei Geburt Staatsbürger der ehemaligen Sowjetunion, leben seit August 1996 getrennt. Der Antragsgegner hat seit 1992 die deutsche Staatsangehörigkeit, die Antragstellerin seit September 2002.

Der Antragsgegner ist dem Scheidungsantrag unter Vorlage einer Scheidungsurkunde des Standesamts in Mažeikiu (Republik Litauen) vom 24.9.1996 (Bl. 52 und 94 GA; Übersetzung Bl. 26 GA; danach eingetragen im Personenstandsregister der Ehescheidung unter Nr. 187) entgegengetreten. Die Antragstellerin hat die Anerkennung des "litauischen Scheidungsausspruchs" verneint; sie hat hierzu vorgebracht, dass ihr zu keinem Zeitpunkt ein verfahrenseinleitendes Schriftstück zugestellt worden und darüber hinaus auch die Gegenseitigkeit nicht verbürgt sei, jedenfalls aber sei der "Scheidungsausspruch" aufgrund eines von ihr eingelegten Rechtsmittels wieder aufgehoben worden.

Das AG hat, nach Anhörung der Parteien in nicht öffentlicher Sitzung (Bl. 44 ff. GA), mit Urteil vom 7.2.2003 (Bl. 101 ff. GA) den Scheidungsantrag zurückgewiesen; über den weiteren Antrag der Antragstellerin betreffend den nachehelichen Unterhalt (Auskunftsstufe) hat es nicht erkannt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Ehe der Parteien in 1996 in Litauen geschieden worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hätten beide Parteien die litauische Staatsangehörigkeit besessen; die Antragstellerin habe keine Belege vorgelegt, dass die Ehescheidung in Litauen für ungültig erklärt worden sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragstellerin den Scheidungsantrag weiter. Die Antragstellerin rügt, dass das AG rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten habe, die Ehe der Parteien sei bereits im Jahre 1996 in Litauen geschieden worden. Sie trägt weiter vor, der Antragsgegner habe die "Scheidungsurkunde" durch falsche Angaben und Urkundenfälschung erlangt; eine rechtswirksame Scheidung in Litauen sei nicht erfolgt.

Die Antragstellerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung mit den anhängigen Folgesachen zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den Scheidungsantrag für unzulässig, da - urkundlich belegt - bereits im Jahre 1996 die Ehe der Parteien in Litauen rechtskräftig geschieden worden sei; das AG habe zu Recht den Scheidungsausspruch anerkannt.

II. Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

Das AG hat - in verständiger Würdigung seines Erkenntnisses - die vom Antragsgegner vorgelegte (litauische) Scheidungsurkunde vom 24.9.1996 als rechtskräftigen Ausspruch über die Scheidung der am 31.12.1992 in Litauen geschlossenen Ehe der Parteien anerkannt und den gegenständlichen Scheidungsantrag der Antragstellerin infolgedessen als unzulässig erachtet. Hiergegen wendet sich die Berufung mit Erfolg.

1. Bedenken gegen die internationale Zuständigkeit erheben sich nicht; beide Parteien sind jetzt Deutsche (§ 606a S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Anerkennung der fraglichen Scheidungsurkunde bestimmt sich nach Maßgabe der lex fori, mithin nach § 328 ZPO.

2. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Scheidungsantrags stellt sich die Frage, ob die Ehe der Parteien bereits in der Republik Litauen mit Wirkungskraft für das inländische Recht geschieden oder aufgehoben wurde, so dass dem Scheidungsantrag der Antragstellerin das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtskraft entgegenstünde (vgl. BGH v. 6.10.198...

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