Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich des Foderungssicherungsgesetzes
Normenkette
BauFordSiG § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 2; BGB §§ 93-94, 823 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 30.04.2010) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 30.4.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern die Klägerin nicht vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende GmbH & Co. KG handelt mit Baustoffen. Sie nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der später insolvent gewordenen Komplementärin der ... [A] GmbH & Co. KG war, auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld in Anspruch. Überwiegend im Jahr 2008 und nur zu einem unbedeutenden Teil im Januar 2009 hatte die Klägerin an die spätere Insolvenzschuldnerin (künftig nur noch: KG) Baumaterial zum Gesamtkaufpreis von weit über 100.000 EUR geliefert. Auftraggeber der Baumaßnahmen waren zwei Gemeinden und eine Stadt, die von der KG Tief- und Straßenbauarbeiten durchführen ließen.
Zwischen dem 13.1.2009 und dem 2.2.2009 leisteten die drei Auftraggeber für Arbeiten, die von der KG mit dem von der Klägerin gelieferten Baumaterial ausgeführt worden waren, Zahlungen in einem die Klageforderung weit übersteigenden Umfang. Unstreitig separierte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin die so empfangenen Gelder nicht, sondern beglich damit sonstige Verbindlichkeiten der KG. Über deren Vermögen wurde am 1.4.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die zur Insolvenztabelle angemeldete, vom Insolvenzverwalter anerkannte Gesamtforderung der Klägerin gegen die KG beträgt 561.285,69 EUR.
Gestützt auf §§ 823 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG hat das LG der auf Zahlung von 91.587,80 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Bei den von den Kommunen empfangenen Zahlungen habe es sich um Baugeld gehandelt. Der Beklagte habe gegen die ihn persönlich treffende Geschäftsführerpflicht verstoßen, die Baugelder im Umfang der Verbindlichkeiten der KG aus Baustofflieferungen der Klägerin an diese auszuzahlen.
Dagegen richtet sich die Berufung. Sie bezweifelt die Anwendbarkeit des BauFordSiG, das nur für Gebäude gelte, erhebt verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz und behauptet eine rechtfertigende Pflichtenkollision.
Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des LG.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet; das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Beklagte haftet der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG auf Schadensersatz.
Maßgeblich ist das BauFordSiG in der Fassung vom 23.10.2008, die vom 1.1.2009 bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 29.7.2009 (BGBl. 2009 I 2436) gültig war.
Anknüpfungspunkt für die persönliche Haftung des Beklagten ist nicht der Vorwurf, im Jahr 2008 namens und in Vollmacht der KG Baumaterial bestellt und empfangen zu haben, obwohl die Käuferin möglicherweise nicht mehr zahlungsfähig, zumindest aber nicht zahlungswillig war, was an eine persönliche Haftung des Beklagten nach §§ 823 Abs. 2, 263 StGB denken lässt (fremdnütziger Betrug zum Nachteil der Klägerin). Die Klägerin stützt ihr Schadensersatzverlangen vielmehr darauf, dass die KG zwischen dem 13.1.2009 und dem 2.2.2009 von ihren Auftraggebern Baugeld empfangen hat für Arbeiten, die mit dem von der Klägerin gelieferten Baumaterial durchgeführt worden waren. Damit wird der haftungsrelevante Sachverhalt von dem am 1.1.2009 in Kraft getretenen BauFordSiG und nicht von dem bis dahin geltenden Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen vom 1.6.1909 (GSB) erfasst (vgl. BGH in BGHZ 99, 363 [369] m.w.N. und Stammkötter, BauFordSiG, 3. Aufl., S. 221 f.).
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG sind solche Geldbeträge Baugeld, die der Empfänger (hier: die KG) von einem Dritten (hier: von den drei Kommunen) für eine im Zusammenhang mit der Herstellung des Baues oder Umbaues stehende Leistung, die der Empfänger dem Dritten versprochen hat, erhalten hat, wenn an dieser Leistung andere Unternehmer (hier: die Klägerin) auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt waren. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat das LG zu Recht angenommen.
Die Berufung zieht ohne Erfolg in Zweifel, dass es sich bei den Materiallieferungen der Klägerin um Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung eines Baues handelte. Der Auffassung des Beklagten, damit seien nur Arbeiten zur Herstellung eines Gebäudes gemeint, kann nicht gefolgt werden. Die für Straßen- und Tiefbauarbeiten bestimmten...