Brachen und leere Büros: Großstädte mit Wohnungen versorgen
Im Baukulturbericht 2024/25 unter dem Titel "Infrastrukturen" greift die Bundesstiftung Baukultur die Frage auf, wie die Transformation zu resilienten, klimagerechten, sozial integrierenden und gut gestalteten Bauwerken und Räumen der Infrastruktur gelingen kann.
"Die dringend notwendigen Transformationsprozesse im Infrastruktursektor und die Verbesserung der Lebensbedingungen in Stadt und Land betreffen uns alle: etwa bei Fragen der persönlichen Mobilität, dem Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu sozialen und kulturellen Einrichtungen", sagte die Stiftungsratsvorsitzende Elisabeth Kaiser. Die Stiftung legt Bundesregierung und Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht zur Lage der Baukultur in Deutschland vor.
Im Rahmen des Baukulturberichts fand auch eine Bevölkerungsumfrage zum Thema Wohnungsversorgung statt: Wo würden die Deutschen gerne Wohnungen gebaut sehen?
Umfrage: Die Deutschen wollen die Stadt zum Wohnen umbauen
In vielen Großstädten gibt es derzeit großen Wohnungsmangel – Migration und Zuwanderung haben die Situation dem Bericht zufolge noch verschärft. Teures Baumaterial und höhere Zinsen führten zu weniger privaten Bauanträgen. Das hat den Druck verstärkt. Im Bündnis bezahlbarer Wohnraum haben Akteure der Bau- und Wohnungswirtschaft unter Federführung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ein Maßnahmenpaket erarbeitet, um bezahlbares Wohnen voranzubringen, Hürden für das Planen und Bauen abzubauen und Innovationen zu fördern.
Ein Baustein können serielle und modulare Bauweisen sein. Ende 2023 haben unter anderem das BMWSB und der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW die Rahmenvereinbarung "Serielles und modulares Bauen 2.0" vorgestellt. Die enthält Konzepte, wie das modulare Bauen gelingen kann: Gestaltung und Integration ins Umfeld müssen mitgedacht werden. Um Wohnungen zu schaffen, sollten vor allem Potenziale im Bestand genutzt werden – durch Sanierung und Umbau.
Das deckt sich mit einer Umfrage der Bundestiftung Baukultur für den aktuellen Bericht: Die Mehrheit der Bevölkerung würde Wohnungen in der Stadt durch Umbau oder Nachverdichtung schaffen wollen. Die meisten (88 Prozent) der Befragten sind demnach der Ansicht, dass neue Wohnungen durch den Umbau von nicht genutzten Büroflächen geschaffen werden sollten. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) würden zur Nutzung städtischer Brachflächen für Wohnungen raten. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) würde sich über die Nachverdichtung von bestehenden Mehrfamilienhausgebieten freuen.
Zum Vergleich: Den Bau neuer Wohnungen in bestehenden Einfamilienhausgebieten befürworten nur 38 Prozent der Befragten. Für Mehrfamilienhausgebiete am Stadtrand sprechen sich sogar nur 16 Prozent aus – und für Wohnungen in Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand sieht sich nicht einmal jeder Zehnte (acht Prozent).
Infrastrukturen: Handlungsempfehlungen im Überblick
Mit Infrastrukturen Orte baukultureller Schönheit schaffen!
Angebote der Infrastruktur erhöhen die Lebensqualität. Durch Baukultur lässt sich funktionaler, sozialer und ästhetischer Mehrwert herstellen und auf Dauer aufrechterhalten. Wer Infrastruktur nutzt und betrachtet, soll von der atmosphärischen Wirkung der Bauwerke profitieren.
Klimagerechte und belastbare Infrastrukturen entwickeln!
Die vorhandene Infrastruktur instand zu halten, zu sanieren und auszubauen, ist unabdingbar, um unsere Klimaziele zu erreichen und resilienter zu werden. Jede bauliche Maßnahme sollte dazu einen zukunftsorientierten Beitrag leisten.
Barrieren abbauen und Mobilität auf kurzen Strecken stimulieren!
Bei der Entwicklung und Gestaltung von Mobilitätsinfrastrukturen muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Seine Beweglichkeit ist ausschlaggebend für die Dimensionierung und Detaillierung der Infrastruktur. Verkehrsflächen für schnelle und größere Fortbewegungsmittel müssen für den Menschen anschlussfähig sein. Sie dürfen nicht zur Barriere in öffentlichen Räumen werden.
Infrastrukturen pflegen und instand halten statt abreißen!
In Zeiten der Umbaukultur sollten Infrastrukturen auf Langlebigkeit ausgerichtet sein. Sie müssen konsequent gepflegt, schrittweise angepasst und verbessert werden. Kosten- und Emissionsbilanzen über den gesamten Lebenszyklus sprechen für den Erhalt. Finanzierungsgrundlagen dürfen nicht zu vorzeitigem Abriss und Ersatzneubau führen.
Infrastrukturen zum Maßstab neuer Suprastrukturen machen!
Lage, Dimension und Beschaffenheit unserer Infrastrukturen sind das Ergebnis einer langen Entwicklung. Wir sollten sie als Fundament für die technologische und strukturelle Transformation begreifen und schätzen. Bevor wir neue Suprastrukturen (wie immer größere, schwerere und schnellere Fahrzeuge) vorschnell zur Messlatte machen, sollten wir erst die Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Umwelt und das räumliche Umfeld bewerten.
Den Planungsvorlauf der Phase Null ins Zentrum stellen!
Infrastrukturprojekte sind komplex und stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Umso mehr sind sie auf einen qualifizierten und umsichtigen Planungsvorlauf angewiesen. Selbst wenn die Investitionsentscheidung früh gefallen ist, gilt es, Rahmenbedingungen und Entwicklungsspielräume auszuloten, um Konflikte in späteren Planungs- und Realisierungsphasen zu vermeiden und ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Die Phase Zehn ausbauen!
Ein Großteil der Kosten für ein Bauwerk fällt im Betrieb an. Deshalb lohnt es sich, schon in der Planung den ganzen Lebenszyklus zu betrachten und diesen Gesamtaufwand zur Bemessungsgröße zu machen. Nur so entstehen langlebige und leistungsfähige Gebäude und Infrastrukturen.
Verantwortung für Bildung und Ausbildung übernehmen!
Wissen und Urteilsfähigkeit darüber, welche gestalterische, funktionale und soziale Bedeutung Ingenieurberufe und Handwerk für unsere Umwelt haben, müssen gestärkt werden. Dieses Wissen sollte als Ziel in Ausbildung, Bildung und Praxis verankert werden und sich auch in den Berufsbildern und der Wahrnehmung der Öffentlichkeit niederschlagen. Das erleichtert einen ganzheitlichen Ansatz bei Planung und Bau von Infrastrukturen und eine erfolgreiche Mitwirkung an Beteiligungsprozessen.
Bundesstiftung Baukultur: Berichte und Informationen
Die per Gesetz vom 17.12.2006 errichtete Bundesstiftung Baukultur (Potsdam) hat die Aufgabe, das Bewusstsein für gutes Planen und Bauen zu stärken und die Qualität und die Leistungsfähigkeit des Planungs- und Bauwesens herauszustellen. Der Auftrag umfasst vor allem Veranstaltungen zum öffentlichen Diskurs über Maßstäbe der Baukultur sowie Analysen und Berichte, um Entwicklungen und Handlungsbedarf aufzuzeigen.
Die Stiftung hat neben Werkstätten, Dialogen und Fachgesprächen auch drei Befragungen einbezogen – außer der Bevölkerungsumfrage gab es eine Umfrage bei Kommunen und planenden Berufen.
Der Baukulturbericht 2024/25 wurde am 20.6.2024 beim Konvent der Baukultur der Öffentlichkeit präsentiert. Die Bundesregierung hatte am 10. Juni ihre Stellungnahme vorgestellt. Der Bericht wird nun dem Bundestag vorgelegt.
Baukulturbericht "Infrastrukturen" 2024/25
Baukulturbericht: Stellungnahme der Bundesregierung (PDF)
Bundesstiftung Baukultur: Weitere Informationen und alle Baukulturberichte
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