Leitsatz (amtlich)

1. Zur Aktivlegitimation eines Verbandes gem. § 8 Nr. 2 UWG zur Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegen eine staatliche Lotteriegesellschaft wegen Verstoß gegen § 5 Glücksspielstaatsvertrag.

2. Zu den Grenzen zulässiger Werbemaßnahmen im Anwendungsbereich von § 5 Glücksspielstaatsvertrag.

3. Wann die Grenze zwischen einer zulässigen Werbemaßnahme zur Kanalisierung der Spielsucht zur unzulässigen Werbung mit gezieltem Anreiz zum Glücksspiel im Anwendungsbereich von § 5 Glücksspielstaatsvertrag überschritten ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Maßnahme beurteilt werden. Maßgebend ist dabei sowohl der Inhalt der Werbung als auch ihre äußere Form und Gestaltung.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 16.06.2009; Aktenzeichen 4 HK O 78/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Landgerichts - 4. Kammer für Handelssachen - Koblenz vom 16. Juni 2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Verfügungsbeklagte hat es unter Androhung eines vom Gericht für jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im Bereich des Glücksspielwesens die Teilnahme an Sofortlotterien zu bewerben und/oder bewerben zu lassen,

  • 1.

    wie am 15. April 2009 im W... und nachstehend wiedergegeben geschehen:

    und/oder

  • 2.

    wie am 30. April 2009 im Internet und nachstehend wiedergegeben geschehen

    Die Berufung der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsbeklagte.

 

Gründe

I.

Der im September 2008 gegründete Verfügungskläger (im Folgenden Kläger) ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragener Verband, dem Unternehmen angehören, die sich auf dem Markt des Gewinn- und Glücksspielwesens betätigen.

Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden Beklagte) ist eine staatliche Lotteriegesellschaft, die Glücksspiele in Rheinland-Pfalz veranstaltet.

Im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Glücksspielangebotes

"Goldene 7

Das neue 5 EUR Los."

hat die Beklagte die im Tenor dargestellten Anzeigen im W... und im Internet auf ihrer Homepage geschaltet, deren Unterlassung der Kläger mit der einstweiligen Verfügung begehrt.

Mit Urteil vom 16. Juni 2009 hat das Landgericht dem Antrag zu Ziffer 2. hinsichtlich der Anzeige im Internet stattgegeben und diesen zu Ziffer 1. hinsichtlich der Anzeige im W... zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, die Anzeige im Internet verstoße gegen das Internetwerbeverbot gemäß § 5 Abs. 3 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), hingegen überschreite die Anzeige im W... nicht das nach § 5 GlüStV vorgegebene Maß, insbesondere weil ein durch die Anzeige hervorgerufenes Interesse nicht ohne Weiteres in die Tat umgesetzt werden könne.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er seinen Unterlassungsanspruch hinsichtlicht der Anzeige im W... weiter verfolgt.

Auch die Beklagte hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, mit der sie die vollständige Zurückweisung der einstweiligen Verfügung unter teilweiser Aufhebung des Urteils begehrt.

Streit besteht zwischen den Parteien im Wesentlichen in Bezug auf die Aktivlegitimation des Klägers und über die Zulässigkeit der genannten Anzeigen der Beklagten im Hinblick auf die Vorgaben des GlüStV.

Der Kläger erachtet die Anzeige der Beklagten im W... weiterhin als unzulässig, insbesondere da deren Informationsgehalt eindeutig hinter der äußeren reklamehaften Form und Aufmachung der Anzeige zurücktrete.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Ansicht, der Kläger sei schon nicht aktivlegitimiert. Ihm fehle bereits die erforderliche Anzahl an Mitgliedern. Zudem handele er rechtsmissbräuchlich, insbesondere da er rechtswidriges, gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoßendes Verhalten seiner Mitglieder planmäßig dulde. Die geschalteten Anzeigen erachtet die Beklagte weiterhin als zulässig, da § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Werbung nicht verbiete. Bei der Präsentation im Internet handele sich zudem nicht um Werbung. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass eine interaktive Spielteilnahme nicht möglich sei.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Anzeigen gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 GlüStV zu.

Der Kläger ist aktivlegitimiert im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Der Kläger ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragener rechtsfähiger Verein. Ausweislich § 3 seiner Satzung ist Ziel und Zweck des Vereins die Förderung der beruflichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Förderung des lauteren Wettbewerbs und die Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Dass der Kläger diesem Ziel gerecht wird, wird durch die gerichtliche Geltendmachung behaupteter Wettbewerbsverstöße im vorli...

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