Leitsatz (amtlich)
1. Bei steuersparenden Finanzierungsgeschäften ist eine Bank im Regelfall nicht verpflichtet, den Kreditnehmer über die Risiken des finanzierten Geschäfts zu belehren, wenn sie keinen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen oder begünstigt hat.
2. Ob bei einem finanzierten Fondserwerb ein verbundenes Geschäft mit Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG vorliegt, kann dahinstehen, wenn jedenfalls die zur fehlerhaften Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze dem Durchgriff entgegenstehen.
3. Beim finanzierten Fondserwerb verlagert ein Rückforder- ungsdurchgriff wegen der Finanzierungszinsen das Risiko der Insolvenz des Veräußerers ohne sachliche Rechtfertigung auf die finanzierende Bank. Vor einer Kündigung geleistete Zahlungen können daher nicht zurückgefordert werden.
4. Zur Verfügung gestellt bzw. ausgehändigt ist eine Widerrufsbelehrung nur dann, wenn sie dem Kreditnehmer für die Dauer der Widerrufsfrist verbleibt. Fehlt es daran, beginnt die Frist erst zu laufen, wenn der Verbraucher die Vertragsunterlagen mit der Belehrung dauerhaft zurückerhält.
Normenkette
BGB §§ 276, 278, 361a; VerbrKrG §§ 7, 9
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 13 O 58/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Koblenz vom 26.10.2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit von 50.000 Euro abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin hat erstinstanzliche die Feststellung begehrt, dass der beklagten Bank aus einem Darlehensvertrag vom 25.3.1998 keine Ansprüche mehr zustehen. Widerklagend hat die Beklagte nach Kündigung den offenen Restsaldo aus dem Kreditvertrag geltend gemacht.
Um Steuern zu sparen erwarben die Klägerin und ihr Ehemann auf Initiative des ihnen seit längerem bekannten Anlagevermittlers R. im Februar 1998 (Bl. 10 + 11 GA) für jeweils 30.000 DM Anteile an einem geschlossenen Immobilienfonds. Zur Finanzierung des Geschäfts schlossen sie mit der Beklagten Ende März 1998 einen Kreditvertrag über 72.100 DM (Blatt 17–22 GA: Nettokreditbetrag 63.000 DM/10 % Disagio).
In der Vertragsurkunde der Beklagten heißt es unter anderem:
„… Unsere Kreditzusage beruht nicht auf der von ihnen erwarteten Wirtschaftlichkeit des Fonds …
… Wir haben die Prospekte und Verkaufsunterlagen des Fonds weder in konzeptioneller noch in materieller Hinsicht geprüft. Für die Richtigkeit der Angaben im Prospekt übernehmen wir keine Haftung. Wir nehmen auch keinerlei Beratungs-, Betreuungs- und Überwachungsfunktionen für Sie als Kreditnehmer wahr. Wir beschränken uns ausschließlich auf unserer Rolle als Kreditgeberin und sind darüber hinaus auch nicht am Projekt beteiligt.”
Die Klägerin hat vorgetragen, namens und in Vollmacht der Beklagten habe der Vermittler R. bei den vorvertraglichen Gesprächen unzutreffende Angaben gemacht. Bei Kenntnis des wahren Sachverhalts hätte sie weder die Fondsanteile erworben noch den Kreditvertrag mit der Beklagten geschlossen.
Die Beklagte hat erwidert, Informationspflichten hätten ihr ausschließlich hinsichtlich des abgeschlossenen Kreditvertrages oblegen. Insoweit seien die Klägerin und ihr Ehemann umfassend informiert worden. Für die gegebenenfalls vollmachtlosen Fehlinformationen durch den Zeugen R. hafte sie nicht.
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Nachdem die Beklagte wegen des offenen Restsaldos Widerklage erhoben habe, fehle der Klage das Feststellungsinteresse. Die Widerklage sei begründet, weil der Klägerin ein Schadenersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nicht zustehe. Der Erwerb der Fondsanteile und der Kreditvertrag mit der Beklagten seien selbstständige Rechtsgeschäfte. Für Beratungsfehler des Zeugen R. hafte die Beklagte nicht.
Mit der Berufung begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sich ihr ursprünglicher Klageantrag erledigt habe. Daneben beantragt sie die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von 5.877,83 Euro nebst Zinsen sowie die Abweisung der Widerklage. Die Fondsbeteiligung und der Kreditvertrag seien ein verbundenes Geschäft i.S.d. VerbrKrG. Jedenfalls hätten die Erklärungen des Zeugen R. diesen Anschein erweckt. Für das Fehlverhalten des Zeugen hafte die Beklagte nach § 278 BGB, zumal sie die Innenfinanzierung des Fonds übernommen und dessen Erfolglosigkeit bereits bei der Kreditgewährung vorhergesehen habe. Im Übrigen sei die auf Abschluss der Fondsbeteiligung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen (Bl. 259/260 GA). Letztlich sei unter dem 25.6.2002 auch der Widerruf des Kreditvertrages mit der Beklagten erfolgt (Bl. 216/217 GA). Dieser Widerruf sei nicht verfristet, weil der Zeuge R. 1998 nach Vertragsunt...