Leitsatz (amtlich)
1. Der Hinweis in der Widerrufsbelehrung zu einem Darlehensvertrag, durch den der Beitritt zu einem Immobilienfonds finanziert wird, dass im Falle des Widerrufs auch die mit dem Darlehen zu finanzierenden verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kommen, ist nicht geeignet, den Darlehensnehmer von einem Widerruf abzuhalten. Es steht dem Beginn des Laufs der Frist von einer Woche daher nicht entgegen (§ 2 Abs. 1 S. 2 und 3 HWiG a.F., § 9 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG a.F.)
2. Bei einer unechten Abschnittsfinanzierung ist die Bank nicht zur Angabe des Gesamtbetrages aller vom Verbraucher zu entrichtenden Leistungen verpflichtet, wenn der Kredit nicht in Teilzahlungen zu tilgen ist und eine abgetretene Lebensversicherung nicht als Tilgungsersatz dient (§ 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1b) VerbrKrG).
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 24.01.2003; Aktenzeichen 7 O 241/2002) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 24.1.2003 – 7 O 241/02 – wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stuttgart vom 24.1.2003 – 7 O 241/02 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert in beiden Rechtszügen: bis 45.000 Euro.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Rückabwicklung eines Darlehens, das sie bei der Beklagten zur Finanzierung ihres Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds aufgenommen hat.
Am 14.3.1997 unterzeichnete die Klägerin, vermittelt durch einen Herrn …, einen Antrag auf Eintritt in die Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs- GbR … (im Folgenden: WGS-Fonds Nr. 41–B 3), um sich mit 45.975 DM (1,5 Anteilen) an diesem Fonds zu beteiligen. Noch am selben Tag trat sie in notarieller Urkunde in die Gesellschaft ein (K 3). Ebenfalls am 14.3.1997 unterzeichnete sie einen vorbereiteten Vertrag mit der Beklagten über ein Darlehen im Betrag von 52.860 DM . Hiervon sollten nach Abzug einmaliger Geldbeschaffungskosten (Disagio) von 6 % und einer einmaligen Bearbeitungsgebühr von 4 % 47.574 DM , also 90 %, ausbezahlt werden. Ein Nominalzinssatz von 5,94 % war festgeschrieben bis 1.1.2005, als effektiver Jahreszins waren 7,89 % angegeben. Das Darlehen sollte zum 1.1.2017 getilgt werden, die Zinsen waren monatlich zu bezahlen. Das Darlehen wurde dadurch abgesichert, dass die Klägerin der Beklagten ihren Fondsanteil verpfändete und ihr ihre Ansprüche aus einer seit 1991 bestehenden Lebensversicherung über 32.500 DM für den Todesfall zur Sicherheit abtrat. Diesen Darlehensantrag nahm die Beklagte am 23.4.1997 an. Mit Schreiben vom 3.4.2002 und nochmals in der Klage vom 26.4.2002 erklärte die Klägerin ggü. der Beklagten den Widerruf des Darlehensvertrages nach dem HWiG und dem VerbrKrG. Der Beitritt zu dem Fonds ist weder widerrufen, noch hat die Klägerin ihre Beteiligung gekündigt.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr in erster Linie auf Schadensersatz aus schuldhaft fehlerhafter Vermittlung des Fondsanteils in Anspruch. Sie ist der Auffassung, ihr sei eine völlig überteuerte Vermögensanlage vermittelt worden, was die Beklagte hätte erkennen müssen. Diese hafte ihr aus verschiedenen Gesichtspunkten wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht: Die Beklagte habe ihre Rolle als Kreditgeberin aufgrund einer generellen Finanzierungszusage ggü. der WGS, ihres verkaufsfördernden Verhaltens und der Übernahme aller Anteilsfinanzierungen für den WGS-Fonds Nr. 41 überschritten. Wegen der Finanzierungszusage und ihres Interesses an der vollständigen Plazierung des Fonds habe sie sich in einem schweren Interessenkonflikt befunden. Obwohl ihr Probleme beim WGS-Fonds Nr. 40 bekannt gewesen seien, habe sie für den WGS-Fonds Nr. 41 – den letzten vor dem Konkurs der WGS – die Anlegerfinanzierung übernommen. Sie habe ggü. der Klägerin einen Wissensvorsprung gehabt, weil sie bei gewissenhafter Prüfung hätte bemerken müssen, dass die Mieterträge unzutreffend kalkuliert gewesen seien und der Preis für die Beteiligung überhöht gewesen sei. Darüber hinaus hätte die Beklagte über die Risiken der Kombination eines Darlehens mit einer Lebensversicherung aufklären müssen. Der Klägerin seien Provisionen von ca. 20 % des Gesamtaufwands verheimlicht worden. Die Beklagte hafte auch aus sittenwidriger Schädigung, weil die Anlage 100 % überteuert gewesen sei, wenn man die Gesamtfinanzierungssumme ins Verhältnis zum Wert der Immobilie setze.
Die Klägerin habe das Darlehen nach § 1 HWiG widerrufen können, weil sie ihre Erklärung in einer Haustürsituation abgegeben habe, die der Beklagten zuzurechnen sei. Der Vermittler … habe sie Anfang März 1997 angerufen und ihr dann bei einem Gespräch in ihrer Wohnung den Immobilienfonds angepriesen. Nachdem sie ...