Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Überprüfung von Sorgerechtsentscheidungen (Ausbildung, Schule) im Unterhaltsrechtsstreit. Barunterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes gegen den geschiedenen Elternteil. Darlegungslast des selbständig tätigen Unterhaltsverpflichteten bei behaupteten Mehreinkünften aus Gewerbebetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Der seinem Kind aus geschiedener Ehe zum Barunterhalt verpflichtete Kindesvater muss die auf ein Gutachten gestützte Entscheidung der allein sorgeberechtigten Kindesmutter, das Kind zwecks Erlangung des Hauptschulabschlusses auf eine Privatschule zu schicken, hinnehmen. Die hierdurch entfallenden Mehrkosten hat der Kindesvater im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu tragen.
2. Behauptet das klagende Kind eine Einkommenssteigerung aufseiten des selbständig tätigen Vaters, obliegt es dem Vater im Einzelfall, diese Behauptung substantiiert zu bestreiten. Sind einzelne betriebliche Ausgaben im Streit, muss der Vater die angegriffenen Positionen seiner Vermögensbilanzen durch sämtliche zugehörigen Kontenblätter und die diesen zugrunde liegenden Belege nachweisen.
Normenkette
BGB §§ 1601-1602, 1610 Abs. 1-2, § 1631 Abs. 1, § 1631a
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Urteil vom 08.12.2003; Aktenzeichen 8 F 124/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG - FamG - Bingen vom 8.12.2003 abgeändert und der Beklagte verurteilt, in Abänderung des Vergleichs vom 23.3.1999 (AG Bad Kreuznach - 9 F 174/98) an den Kläger ab August 2002 Kindesunterhalt i.H.v. 1.484 EUR monatlich (davon 384 EUR Barunterhalt und 1.100 EUR Schulkosten) abzgl. hälftigen anrechenbaren Kindergeldes i.H.v. 77 EUR und abzgl. gezahlten Kindesunterhalts i.H.v. jedenfalls 220 EUR bis April 2003 und i.H.v. 287 EUR ab Mai 2003 mit der Maßgabe zu zahlen, dass die Schulkosten lediglich bis Juli 2006 zu entrichten sind sowie die Unterhaltsrückstände in einer Summe fällig und ab dem Dritten eines jeden Monats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind, während die laufenden Beträge zum Ersten eines jeden Monats fällig werden.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger ist der Sohn des Beklagten. Seine Eltern sind seit 1993 geschieden und mittlerweile mit neuen Ehepartnern wieder verheiratet. Der am 25.7.1989 geborene Kläger lebt mit seiner am 8.7.1990 geborenen Schwester C. im Haushalt seiner Mutter und deren neuen Ehemannes. Der Beklagte hat mit seiner neuen Ehefrau zwei weitere minderjährige Kinder, den im August 1999 geborenen T. und den im August 2003 geborenen Ta.
Der Beklagte hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich vom 23.3.1999 (Bl. 25) verpflichtet, an den Kläger und dessen Schwester ab dem 1.4.1999 einen monatlichen Kindesunterhalt von jeweils 445 DM = 227,52 EUR zu zahlen. Der Bemessung des Unterhalts hatten die Parteien die Einkommensgruppe 6 und die Altersgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle sowie eine hälftige Anrechnung des staatlichen Kindergeldes zugrunde gelegt. Der Beklagte hat für den Kläger bis April 2003 nach Angaben des Klägers 220 EUR, nach Angaben des Beklagten 227,53 EUR und ab Mai 2003 unstreitig 287 EUR als Kindesunterhalt gezahlt.
Der Kläger besucht seit August 2000 nach Rat eines Gutachters auf Veranlassung seiner Mutter und auf Kosten deren Ehemannes die private O.-schule als Ersatz für eine staatliche Sonderschule. Er wird voraussichtlich bis Juli 2006 zur O.-schule gehen müssen, um den Hauptschulabschluss erlangen zu können. Für den Besuch der O.-schule fallen 1.900 EUR an Schulkosten sowie weitere 200 EUR für notwendigen Nachhilfeunterricht und psychologische Betreuung an. Der Ehemann der Mutter musste die Zahlung dieser Kosten nach Anmeldung der Insolvenz für sein Bauunternehmen im Sommer 2002 einstellen.
Für die Zeit ab August 2002 hat der Kläger von dem Beklagten eine Beteiligung an den Schulkosten i.H.v. monatlich 1.100 EUR verlangt.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn ab dem 1.8.2002 einen monatlichen Sonderbedarf von 1.100 EUR zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das AG hat die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung verlangt der Kläger von dem Beklagten ab August 2002 einen Barunterhalt von 384 EUR sowie von August 2002 bis Juli 2006 eine Beteiligung an den Schulkosten i.H.v. 1.100 EUR.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Vergleichs vom 23.3.1999 (AG Bad Kreuznach - 9 F 174/98) an ihn ab August 2002 Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 1.484 EUR abzgl. hälftiges anrechenbares Kindergeld i.H.v. 77 EUR und abzgl. im April 2003 gezahlter 220 EUR und ab Mai 2003 gezahlter 287 EUR monatlich mit der Maßgabe zu zahlen, dass der Erhöhungsbetrag für die Schule bis einschließlich Juli 2006 begrenzt wird, wobei die Unterhaltsrückstände in einer Summe fällig sind und ab dem Dritten eines jeden Monats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ...