Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhaft kalkuliertes Angebot; Festhalten und Gültigkeit auch bei Nachtragsleistungen

 

Normenkette

BGB § 631; VOB/B § 2 Nr. 3, 5, 6

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 4 O 493/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Koblenz v. 9.11.1998 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 13.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien können die Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen.

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage auf Zahlung restlichen Werklohns wendet sich die Klägerin gegen die von der Beklagten vorgenommene Kürzung von Einheitspreisen für Nachträge im Rahmen eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages zur Instandsetzung der W.-brücke im Abschnitt I. Grundlage des von der Klägerin nach erfolgter Ausschreibung vorgelegten Angebots von 3.478.476,33 DM war ein kalkulierter Mittellohn von 64,50 DM. Mittellöhne in dieser Größenordnung hatte die Klägerin bereits vorher ihren Angeboten an die Beklagte im Hinblick auf andere Bauvorhaben zu Grunde gelegt.

Das genaue Ausmaß der notwendigen Arbeiten zur Instandsetzung der Brücke ließ sich zum Teil erst nach Freilegung von verdeckten Teilen im Inneren feststellen. Die Beklagte hatte bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses ein Ingenieurbüro eingeschaltet, das das Brückenbauwerk im Vorfeld der Ausschreibung soweit möglich von außen untersucht hatte. Die Ausschreibung sah zum Zwecke der Instandsetzung u.a. den Einbau von Gleitlagern vor. Erst nach dem Öffnen der Lagerkonstruktionen stellte die Beklagte fest, dass die Fläche der Lagerkonstruktionen der Rollenlager kleiner war als die Fläche, die für die Gleitlager benötigt wurde.

Bei der Angebotseröffnung am 23.5.1990 ergab sich, dass die Klägerin um ca. 21 % unter dem Angebotspreis des nächstgünstigeren Bieters lag. In der Niederschrift über eine am 2.7.1990 bei der Beklagten durchgeführten Aufklärungsverhandlung heißt es:

„11. Auf Grund des großen Unterschiedes in der Endangebotssumme von rund 25 % zum nächst folgenden Angebot in der Reihenfolge der Mindestbieter erklärt Herr H.: In der Kalkulation zur Bildung der Einheitspreise fehlen unter anderem betriebsbezogene Personalkosten i.H.v. mindestens 700.000 DM (netto). Sämtliche Einheitspreise, insb. für die Kunststoffarbeiten, einschl. Abdichtung der Fahrbahn, Korrosionsschutzarbeiten und Verkehrssicherungsmaßnahmen sind daher nicht kostendeckend.

Herr H. sagte zu, die geforderten Nachweise und Unterlagen umgehend vorzulegen, damit das Angebot zur Instandsetzung der W.-Brücke vollständig vorliegt.”

In einem Schreiben an die Beklagte v. 5.7.1990 führte die Klägerin aus:

„Wie in dem Aufklärungsgespräch am 2.7.1990 in ihrem Hause bereits mitgeteilt, wurde bei der Erstellung der Urkalkulation die Umlage für den Polier und den Bauleiter aus Versehen nicht berücksichtigt. Wir behalten uns vor, bei zusätzlichen Leistungen, auch Massen über 110 %, diese Kosten geltend zu machen.”

Mit Schreiben vom 7.8.1990 legte die Klägerin der Beklagten ein Alternativangebot für zwei Stück Rollenlager anstelle von Gleitlagern vor und fügte in der Anlage eine Berechnung zur „Ermittlung der Umlage Bauleiter/Polier” bei, die mit einem Prozentsatz von 22,1 % schloss. Das Angebot für die Rollenlager berücksichtigte diese Umlage. Außerdem bat die Klägerin die Beklagte, ihr Angebot wegen offenbarem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung auszuscheiden.

Mit Schreiben vom 10.8.1990 erteilte die Klägerin der Beklagten den Zuschlag für die Instandsetzungsarbeiten auf der Grundlage des ursprünglichen Angebots.

Mit Schreiben vom 5.11.1990 legte die Klägerin der Beklagten ihre Urkalkulation vor, die auch die Berechnungen der Lohnkosten enthielt. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Aufstellungen Bl. 152–156 GA.

Mit Schreiben vom 22.11.1990 stimmte die Beklagte grundsätzlich dem Nachtragsangebot der Klägerin zum Einbau der Rollenlager zu und lehnte gleichzeitig eine Erhöhung der Umlage auf 22,1 % ab.

Am 7.7.1994 unterzeichnete die Beklagte einen Nachtragsvertrag Nr. 1, der die Erbringung zusätzlicher Leistungen „zur ordnungsgemäßen Instandsetzung der Gesamtmaßnahme” mit einer Auftragssumme von 642.929,61 DM vorsah. Dies hatte zur Folge, dass verschiedene Positionen des ursprünglichen Vertrages entfielen. Die Klägerin wies darauf hin, dass sie sich hinsichtlich des Nachtragsvertrags die Geltendmachung einer Umlage von 22,1 % vorbehalte.

In der Schlussrechnung v. 30.9.1996 berücksichtigte die Klägerin die Erhöhung der Umlage um 22,1 %. Nachdem die Beklagte diese Beträge wied...

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