Leitsatz (amtlich)
Zum Vorsatz bei einem Dreizehnjährigen, der mutwillig einen Feuerlöscher in einer Kirche betätigt, hinsichtlich der entstehenden Verunreinigungsfolgen im Kircheninnenraum (Reinigungskosten rund 28.000 EUR).
Normenkette
VVG § 152; AHB § 4 Nr. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen 16 O 196/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 29.11.2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin für deren Sohn Max, geb. am ... 12.1991, Versicherungsschutz wegen der am 6.10.2005 in der katholischen Kirche in K entstandenen Schäden und für alle hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche Dritter zu gewähren hat.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Zwischen den Parteien besteht ein allgemeiner Haftpflichtversicherungsvertrag, welcher u.a. als versichertes Risiko die Privathaftpflicht der Klägerin umfasst und in dem minderjährige, in der Schulausbildung stehende Kinder der Klägerin - somit ihr am 3.12.1991 geborener Sohn Max - mitversichert sind. Max traf sich am 6.10.2005 mit zwei Schulfreunden in K und konsumierte mit diesen Alkohol. Sodann begaben sich die Kinder in die örtliche katholische Kirche, wo Max den sich in der Nähe der Orgel befindenden 6 kg-Feuerlöscher aus der Wandhalterung nahm und den Feuerlöscher betätigte. Durch das austretende Löschmittel wurden weite Bereiche des Kircheninneren, die Sitzbank, der Boden sowie Teile der Orgel, Metall- und Kunstgegenstände beschmutzt. Von den Reinigungs- und Restaurierungskosten i.H.v. insgesamt 27.780 EUR hat der Beklagte die Kostenübernahme hinsichtlich der auf die Reinigungsarbeiten an der Orgel entfallenden 12.644 EUR erklärt.
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Sohn der Klägerin den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat und der Beklagte somit leistungsfrei ist.
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin für ihren Sohn Max, geb. am ... Dezember 1991, Versicherungsschutz wegen der am 6.10.2005 in der katholischen Kirche in K entstandenen Schäden und für alle hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche Dritter zu gewähren hat.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Beklagte sich zu Recht auf den Haftungsausschluss nach den §§ 152 VVG, 4 Nr. 2 Abs. 1 AHB berufe. Der Sohn der Klägerin habe vorsätzlich nicht nur hinsichtlich der haftungsbegründenden Schadenshandlung, sondern auch hinsichtlich der Schadensfolgen gehandelt, da er die Auswirkungen seines Handelns im großen und ganzen vorhergesehen und gewollt habe.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der diese unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags geltend macht, ihrem Sohn sei nicht bewusst gewesen, dass aus dem Feuerlöscher ein feines, staubförmiges Pulver mit einer ätzenden und somit schädigenden Wirkung austreten werde; zudem sei ihrem Sohn nicht bekannt gewesen, dass sich das Löschpulver im gesamten Kirchenraum ausbreiten würde.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin für ihren Sohn Max, geb. am ... 12.1991, Versicherungsschutz wegen der am 6.10.2005 in der katholischen Kirche in K entstandenen Schäden und für alle hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche Dritter zu gewähren hat.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass der Beklagte Versicherungsschutz aus der bestehenden Haftpflichtversicherung für die von ihrem Sohn am 6.10.2005 in der katholischen Kirche in K verursachten Schäden zu gewähren hat, zu.
Unstreitig besteht zwischen den Parteien ein Haftpflichtversicherungsvertrag, der den Beklagten verpflichtet, Schäden der am 6.10.2005 in der katholischen Kirche K entstandenen Art zu erstatten, sofern kein Deckungsausschluss eingreift. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der mitversicherte Sohn der Klägerin den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, so dass ein Haftungsausschluss nach § 4 Nr. II.1AHB nicht gegeben ist.
Nach § 4 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 AHB sind "Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben" ausgeschlossen. Vorsatz ist dabei das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges, also das Bewusstsein, dass das Verhalten den schädigenden Erfolg haben werde, und der Wille, sich trotzdem so zu verhalten. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus, also dass der als möglich vorgestellte Erfolg in de...