Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung an einen Verein zu Händen des Vorsitzenden
Leitsatz (amtlich)
Die Ersatzzustellung durch Niederlegung zur Postanstalt kann nur dort bewirkt werden, wo der Zustellungsadressat zum Zustellungszeitpunkt wohnt. Hat ein Vereinsvorsitzender seine Wohnung aufgegeben, kann dort eine Zustellung an den Verein nach §§ 171 Abs. 2, 181, 182 ZPO nicht mehr bewirkt werden. Bleibt die Wohnungsaufgabe unstreitig, ist die Beweiswirkung der Postzustellungsurkunde entkräftet.
Normenkette
ZPO § 171 Abs. 2, § 182
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 7.11.2000 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem beklagten Verein Honorar für die Vermittlung von Handballspielern. Die Klageforderung, die auf einer schriftlichen Vereinbarung vom 22.6.1996 gründet (Zahlungsziel: 1.8.1996), ist tituliert worden durch Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 26.3.1999 (Blatt 11 GA).
Dieser Vollstreckungsbescheid ist dem beklagten Verein am 27.5.1999 unter der Privatanschrift des Karl Hermann S. durch Niederlegung zur Postanstalt (§ 182 ZPO) „zugestellt” worden (Bl. 56/57 GA). Karl Hermann S. ist in der Zustellungsurkunde als Vertreter des Beklagten bezeichnet.
Zuvor war am 11.3.1999 im Vereinsregister eingetragen worden, dass er aus dem Vorstand des Vereins ausgeschieden ist (Blatt 137 GA).
Der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid ist am 27.12.1999 bei Gericht eingegangen.
Der Kläger hält den Einspruch für verfristet und bittet daher um Bestätigung des Vollstreckungsbescheids.
Der Beklagte meint, mangels wirksamer Zustellung sei der Einspruch vom 27.12.1999 fristgemäß. Er erhebt die Einrede der Verjährung.
Das LG hat die Klage – soweit im Berufungsverfahren noch von Belang – unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides abgewiesen. Mangels wirksamer Zustellung dieses Titels sei der Einspruch nicht verfristet. Wegen der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Nr. 7 BGB sei die Klageforderung nicht mehr durchsetzbar.
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger, die Zustellung sei nach den Grundsätzen der Entscheidung BGH v. 25.3.1988 – V ZR 1/87, BGHZ 104, 109 (111 f.) = MDR 1988, 766 wirksam, der Vollstreckungsbescheid daher rechtskräftig. Die Eintragung der Änderung im Vereinsregister müsse er nicht gegen sich gelten lassen, weil er sie nicht gekannt habe und seine Unkenntnis auch nicht auf Fahrlässigkeit beruhe (§ 68 S. 2 BGB). Im Übrigen sei Verjährung nicht eingetreten, weil es sich bei dem Vertrag vom 22.6.1996 um ein abstraktes Schuldversprechen handele.
Der Beklagte erwidert, der vom Kläger zitierten Entscheidung des BGH könne nicht gefolgt werden. K.H. S. habe schon im August 1998 nicht mehr unter der Zustellungsanschrift gewohnt. Weder aus § 68 BGB noch aus § 28 Abs. 2 BGB könne der Kläger etwas Entscheidungserhebliches herleiten. Die Ersatzzustellung nach § 182 ZPO setze voraus, dass er – Beklagter – seinerzeit kein Geschäftslokal unterhalten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Wegen des am 1.8.1996 fälligen Honorars von 4.200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer für die Vermittlung des Spielers K. hat das LG die Klage zu Recht wegen Verjährung abgewiesen.
Die demgegenüber von der Berufung vertretene Auffassung, eine Sachentscheidung habe das LG nicht treffen dürfen, weil der Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 26.3.1999 rechtskräftig sei, ist unzutreffend.
Nach § 700 Abs. 1 ZPO steht der Vollstreckungsbescheid einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich.
Rechtskraft erlangt ein Vollstreckungsbescheid, wenn er nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung beginnt (§ 339 ZPO), mit dem Einspruch angefochten wird. In § 699 Abs. 4 ZPO ist bestimmt, dass der Vollstreckungsbescheid dem Antragsgegner von Amts wegen zugestellt wird, wenn nicht der Antragsteller die Übergabe an sich zur Zustellung im Parteibetrieb beantragt hat.
Im vorliegenden Fall wurde der Vollstreckungsbescheid dem Antragsteller – Vertreter zur Selbstzustellung übersandt (Blatt 11 GA). Im Parteibetrieb musste die Zustellung sodann entsprechend den Erfordernissen der §§ 166ff ZPO bewirkt werden. Da es sich bei dem beklagten Verein um eine juristische Person handelt, durfte der Kläger die Zustellung an den Vorsitzenden veranlassen, um dem Gesetz zu genügen (§ 171 Abs. 2 ZPO). Scheinbar ist die Zustellung auch am 27.5.1999 unter der Privatanschrift des Karl Hermann S. durch Niederlegung zur Postanstalt bewirkt worden.
Die von den Parteien in den Mittelpunkt gerückte Frage, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, dass der vermeintliche Vorsitzende Karl Hermann S. zuvor aus dem Vorstand des Vereins ausgeschieden, diese Änderung bereits am 11.3.1999 im Vereinsr...