Entscheidungsstichwort (Thema)

Mithaftung für Unfallschäden beim Vorbeifahren an einem Pannenfahrzeug in einer Kurve

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17 Abs. 1; StVO § 6

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 28.09.2004; Aktenzeichen 11 O 47/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 28.9.2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Ersatz restlicher Schäden aus einem Verkehrsunfall, der sich am 5.8.2002 gegen 21.05 Uhr bei Dämmerung auf der Landstraße 46 am Ortsausgang von G. in Richtung W. außerhalb der geschlossenen Ortschaft ereignet hat. Der Erstbeklagte fuhr mit seinem bei der Zweitbeklagten gegen Haftpflicht versicherten Pkw VW Golf zunächst in G. innerorts mit der vorgeschriebenen Fahrgeschwindigkeit in Richtung W. Bereits vor dem Ortsende begann er jedoch zu beschleunigen. Am Ortsende führt die Landstraße 46 in einer durch Bäume und Sträucher verdeckten scharfen Rechtskurve in Richtung W. weiter. In der Kurve war aus der Sicht des Erstbeklagten auf der Gegenfahrspur der Pkw Audi des Zeugen M. Th. liegen geblieben und stand mit eingeschaltetem Warnblinklicht am Fahrbahnrand auf der Fahrspur. Die Klägerin kam mit ihrem Pkw VW Polo aus Richtung W., bremste hinter dem liegen gebliebenen Fahrzeug fast bis zum Stillstand ab und begann dann, an diesem Fahrzeug vorbeizufahren. Dabei bewegte sie sich äußerst langsam, als ihr der Pkw des Erstbeklagten entgegenkam. Der Erstbeklagte vollzog beim ersten Sichtkontakt sofort eine heftige Abwehrbremsung und versuchte - aus seiner Sicht gesehen - nach links auszuweichen. Er kollidierte aber mit dem VW Polo der Klägerin, der sich zur Zeit der Kollision noch auf der Höhe des liegen gebliebenen Audi A6 des M. Th. befand und dort etwa in der Mitte der Fahrbahn fuhr. Die Kollision erfolgte so, dass sich die jeweils rechten Vorderkanten beider Fahrzeuge überdeckten.

Der Klägerin entstand ein Sachschaden, der sich nach der Klage auf Reparaturkosten von 5.954,38 EUR, eine Wertminderung ihres Fahrzeugs von 600 EUR und Sachverständigenkosten von 546,32 EUR beläuft. Zusätzlich hat sie einen Nutzungsausfallschaden (304 EUR) eingeklagt. Für die Beschädigung des Hundeschutzgitters in ihrem Fahrzeug (100 EUR), für Tierarzt- und Tiermedizinkosten (58,50 EUR) wegen einer Verletzung ihres Hundes und für Fahrtkosten zur anwaltlichen Beratung (103,32 EUR) hat die Klägerin weitere Beträge geltend gemacht. Schließlich hat sie Ersatz eines Haushaltsführungsschadens (756,40 EUR) verlangt. Dies hat sie auf ein HWS-Schleudertrauma zurückgeführt. Dafür hat sie auch ein Schmerzensgeld verlangt, das sie mit mindestens 1.000 EUR bemessen hat.

Die Klägerin wurde am Unfalltag ärztlich untersucht, wobei aber keine Verletzungen festzustellen waren; insb. war die Halswirbelsäule frei beweglich. Danach machte die Klägerin einen Schmerzbefund geltend, der nach ihrem Vortrag zu einer zweimonatigen Beschränkung in der Haushaltsführung geführt habe.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Erstbeklagte habe den Unfall durch überhöhte Fahrgeschwindigkeit alleine verursacht und verschuldet. Es habe sich für sie um ein unabwendbares Ereignis gehandelt. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 8.423,42 EUR nebst Zinsen sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verurteilen und festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Unfall entstanden ist oder noch entsteht.

Die Beklagten haben Klageabweisung mit dem Vortrag beantragt, die Klägerin habe den Unfall allein verschuldet. Sie hätte den Erstbeklagten bereits erkennen können, als sie sich noch hinter dem liegen gebliebenen Pkw befunden habe. Der Erstbeklagte sei mit etwa 70 km/h gefahren, was an der außerhalb der geschlossenen Ortschaft gelegenen Unfallstelle zulässig gewesen sei. Die Beklagten haben schließlich den geltend gemachten Schadensumfang in einer Reihe von Punkten bestritten und insb. den geltend gemachten Nutzungsausfall sowie den Haushaltsführungsschaden als unsubstantiiert betrachtet.

Das LG hat Beweis erhoben und dann durch Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 28.9.2004 der Klage insoweit stattgegeben, als es der Klägerin eine Zahlung von 3.760,88 EUR als Ersatz ihrer materiellen Schäden aufgrund einer Haftungsquote von 50 : 50 zugestanden hat; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Erstbeklagte habe bereits innerorts eine Geschwindigkeit von 80 bis 90 km/h erreicht und sei damit vor der uneinsehbaren Kurvenstrecke zu schnell gefahren. Die Klägerin hingegen sei zu langsam gefahren und habe dadurch §§ 5 Abs. 4, 6 StVO verletzt. Das führe zu einer Haftungequote von 50 : 50. Der Klägerin stehe deshalb der Ersatz der Hälfte ihrer Fahrzeugschäden und des Nutzungsausf...

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