Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorteilsausgleichung beim Werkvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Abzug "Neu für Alt" liegt nicht beim Schädiger. Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass ein derartiger Abzug zu unterbleiben hat. Musste der Auftraggeber eines Werkvertrages sich jahrelang mit einer fehlerhaften Leistung begnügen, ist kein Abzug vorzunehmen.
2. Der mit Natursteinarbeiten beauftragte Unternehmer ist nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn im Verhältnis zum Estrichleger.
3. Zu den fachlichen Anforderungen an einen Calciumsulfatfließestrich.
Normenkette
BGB §§ 249, 251, 254, 278, 634-635
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen 8 O 103/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz 28.11.2007 unter Zurückweisung des weiter greifenden Rechtsmittels dahin geändert, dass der Beklagte verurteilt wird,
an den Kläger, weitere 14.684,32 EUR, also insgesamt 26.538,60 EUR, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.998,10 EUR seit dem 11.10.2004, aus weiteren 23.840,72 EUR seit dem 7.4.2005 und aus weiteren 699,78 EUR seit dem 20.2.2008 zu zahlen.
II. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich derjenigen des Verfahrens AG Neuwied 19 H 45/03 - trägt der Kläger zu 1/10, der Beklagte zu 9/10 mit Ausnahme der durch die Verweisung des Rechtsstreits an das LG Koblenz entstandenen Kosten. Diese trägt der Kläger.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Vollstreckungsgläubiger nicht seinerseits eine entsprechende Sicherheit leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz, weil dieser im Jahr 1994 im Einfamilienhaus des Klägers in Neuwied Estricharbeiten mangelhaft durchgeführt hat.
Am 10.6.1994 brachte der Beklagte im gesamten Erdgeschoss des Hauses einen Calciumsulfatfließestrich ein, auf den der Kläger circa 6 Wochen später in Eigenleistung Fliesen verlegte.
Bereits bevor der Kläger mit der Verlegung der Fliesen begonnen hatte, hatten sich im Estrich zwei Risse gebildet, die seitens des Beklagten ausgebessert worden waren.
In den folgenden Jahren traten immer wieder in unterschiedlichen Bereichen Risse in den Fliesen auf (1996, 1997, 1999 und 2000). Der Beklagte beseitigte diese jeweils durch Austausch der beschädigten Fliesen und erstattete dem Kläger auch die Kosten für den Auf- und Abbau der Möbel sowie Reinigungskosten, letztmalig am 17.5.2001.
Im November 2001 teilte der Kläger dem Beklagten mit, es seien erneut Risse entstanden. Eine Nachbesserung nahm der Beklagte trotz Fristsetzung und obschon seine Haftpflichtversicherung am 23.7.2004 mitgeteilt hatte, der Beklagte werde die notwendigen Arbeiten durchführen, nicht vor.
Der Kläger hat am 15.12.2003 ein Beweissicherungsverfahren vor dem AG Neuwied eingeleitet, dass dort unter dem Aktenzeichen 19 H 45/03 geführt wurde.
Klageweise hat er zunächst lediglich Kosten für die Estrichsanierung i.H.v. 1.988,10 EUR geltend gemacht, sodann aber die Klage erweitert, weil der gesamte Fliesenbelag entfernt, der Estrich saniert und sodann die Fliesen durch neue ersetzt werden müssen und hierfür u.a. die Einbauküche, Schränke, Türen und Brüstungsgeländer demontiert sowie die Räume neu tapeziert und angestrichen werden müssen.
Im ersten Rechtszug war unstreitig, dass zur Schadensbeseitigung Kosten i.H.v. 28.788,57 EUR erforderlich sind, während der Beklagte nunmehr behauptet, eine Komplettrenovierung sei nicht erforderlich.
Der Kläger hat vorgetragen, die Risse seien darauf zurückzuführen, dass der Beklagte es unterlassen habe, die einzelnen Räume in den Türdurchgängen mit Bewegungsfugen voneinander zu trennen.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 28.788,57 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1998,10 EUR seit dem 11.10.2004 und aus weiteren 26.790, 47 EUR seit Zustellung des Schriftsatzes vom 1.3.2005 zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat unter Berufung auf eine mineralogische Untersuchung und eine darauf Bezug nehmende Stellungnahme des Gutachters G. entgegen gehalten, bei Verwendung eines calciumsulfatgebundenen Fließestrichs sei es nicht erforderlich, Bewegungsfugen auszubilden. Ursächlich für die Mängel sei, dass bei Verlegung der Fliesen noch zu viel Feuchtigkeit im Estrich gewesen sei. Zudem hat er die Einrede der Verjährung erhoben.
Das LG hat die Akte des Beweissicherungsverfahren beigezogen und sowie ein weiteres Gutachten des Sachverständigen B. eingeholt und ihn ergänzend in der mündlichen Verhandlung angehört.
Danach hat es der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 11.854,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz...