Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens Hinterbliebener im Straßenverkehr Hilfe leistender und dabei zu Tode gekommener Personen ist angesichts sich ändernder gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gegebenheiten und Notwendigkeiten auch bei Personen, die die Altersgrenze für den Bezug von Rente oder Pension erreicht haben, nicht allein auf diese Rente oder Pension abzustellen, sondern es ist auch ein bis zum Tode aus unselbstständiger Arbeit überobligatorisch erwirtschaftetes zusätzliches Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen, wenn angenommen werden kann, dass er dieses Einkommen ohne den Unfall weiter erzielt hätte.
Zieht der Unterhaltsberechtigte nach dem Todesfall zu einem nahen Angehörigen, um diesen zu pflegen, und erhält er dort "Kost und Logis frei", ist bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens ein eigenes "fiktives" Einkommen des Unterhaltsberechtigten in Ansatz zu bringen (hier: auf 400,00 EUR monatlich geschätzt).
Das Erfordernis der sachlichen und zeitlichen Kongruenz wirkt sich auf die Erstattungspflicht des Schädigers gegenüber der Unfallkasse in der Weise aus, dass der für die jeweils einzelnen Monate addierte Betrag von Unterhaltsschaden und Haushaltsführungsschaden des Hinterbliebenen auf die Unfallkasse übergeht und damit erstattungsfähig ist, jedoch höchstens in Höhe des von der Unfallkasse für den jeweiligen Zeitraum tatsächlich an den Hinterbliebenen geleisteten Betrages (doppelte Deckelung); von der Unfallkasse satzungsgemäß erbrachte, "zweckunabhängige" Einmalzahlungen sind danach regelmäßig nicht erstattungsfähig.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 130/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Schlussurteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 09.04.2018 wie folgt abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 25.888,92 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13.946,95 EUR bezüglich der Beklagten zu 2. und dem Beklagten zu 3. seit dem 16.03.2014, der Beklagten zu 1. seit dem 16.10.2014 und der Beklagten zu 4. und der Beklagten zu 5. seit dem 16.09.2014, sowie aus weiteren 11.941,97 EUR bezüglich der Beklagten zu 1., des Beklagten zu 3., der Beklagten zu 4. und der Beklagten zu 5. seit dem 21.05.2015 und bezüglich des Beklagten zu 2. seit dem 05.06.2015 zu zahlen.
Die weitere Klage wird abgewiesen.
Die weitere Berufung der Klägerin und die Anschlussberufungen der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 62 % und die Klägerin 38 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung und in dieser Funktion unter anderem zuständig für die Entschädigung Hinterbliebener nach tödlichen Unfällen im Straßenverkehr Hilfe leistender Personen. Die Klägerin hat den bei einem Unfall am 03.04.2013 getöteten Ehemann der Zeugin G. (K. G.) als Hilfe leistende Person im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII anerkannt. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin aus übergegangenem Recht den Ersatz von Entschädigungszahlungen, die sie im Zeitraum vom 03.04.2013 bis zum 30.04.2015 an die Zeugin G. erbracht haben will. Die Parteien streiten über die Höhe des Unterhaltsschadens der Zeugin G. sowie darüber, ob die Klägerin die von ihr behaupteten Entschädigungszahlungen tatsächlich an die Zeugin G. erbracht hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird zur weiteren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 41.809,34 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 16.904,72 EUR
der Beklagte zu 2. sowie der Beklagte zu 3. seit dem 16.03.2014
die Beklagte zu 1. seit dem 16.10.2014
die Beklagte zu 4. und die Beklagte zu 5. seit dem 16.09.2014
und alle Beklagten aus einem Betrag von 24.904,62 EUR seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit seinem am 09.04.2018 verkündeten Schlussurteil hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.368,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.904,72 EUR seit dem 16.09.2014 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.463,34 EUR seit dem 20.05.2015, darüber hinaus der Beklagte zu 2. und die Beklagte zu 3. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 16.904,72 EUR seit dem...