Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung des Insolvenzrichters, ob und wann eine Eintragung in den Insolvenzbekanntmachungen. de gelöscht wird, stellt eine gerichtliche Entscheidung iSd. § 198 Absatz 6 Nr. 1 GVG (in Anlehnung an BT-Drucksache 17-3802) dar, auch wenn das eigentliche Insolvenzverfahren bereits zuvor durch eine rechtskräftige Entscheidung über die Aufhebung eines angeordneten Zahlungsverbotes abgeschlossen war.

Erfolgt die Löschung einer öffentlichen Bekanntmachung in den Insolvenzbekanntmachungen. de erst acht Monate nach Ablauf der 6-Monats-Frist (§ 3 InsOBeKV), stellt dies eine unangemessene Verfahrensverzögerung iSd. § 198 GVG dar, für die Entschädigung zu leisten ist. Die Verzögerung kann auch nicht durch das grundsätzlich bestehende Ermessen des Richters hinsichtlich Art und Dauer der Durchführung von Verfahrenshandlungen gerechtfertigt sein, da die Frist des § 3 InsOBeKV ohnehin ausreichend und auch absolut bestimmt ist.

 

Tenor

1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 800 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.4.2016 zu zahlen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger macht gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer im Rahmen eines Insolvenzverfahrens geltend.

Am 11.7.2014 erwirkte das Finanzamt S aufgrund von Steuerschulden in Höhe von 27.007,82 EUR bei dem AG K (Az.: 21 IN 33/14) ein Verfügungs- und Veräußerungsverbot. Aufgrund einer Zahlung des Klägers gab das Finanzamt am 04.8.2014 eine Erledigungserklärung ab und das AG K hob durch Beschluss vom 6.8.2014 das allgemeine Veräußerungsverbot vom 11.7.2014 wieder auf (Anlage K2, Bl. 10 GA). Aufgrund einer Anordnung des Insolvenzrichters vom 11.7.2014 (Bl. 38 der beigezogenen Insolvenzakte 21 IN 33/14) wurde das allgemeine Veräußerungsverbot vom gleichen Tag unter dem Stichwort "Sicherungsmaßnahmen" am 15.7.2014 öffentlich bekannt gemacht. Eine Löschung in den Insolvenzbekanntmachungen erfolgte zunächst nicht, insbesondere nicht in der 6-Monats-Frist des § 3 Abs. 1 InsOBekV. Mit Telefax vom 1.5.2015 erhob der Kläger bei dem AG K eine Verzögerungsrüge gemäß § 198 GVG. Mit Verfügung vom 8.5.2015 ordnete der Insolvenzrichter an, dass die Geschäftsstelle überprüft, ob die Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen veröffentlicht wurde, wenn nicht, solle dies geschehen. Aufgrund der Mitteilung des AGes über die Aufhebung des allgemeinen Zahlungsverbotes wurde unter dem 11.5.2015 unter dem Stichwort "Entscheidungen im Verfahren" der Beschluss vom 6.8.2014 öffentlich bekannt gegeben, eine Löschung bezüglich des Insolvenzverfahrens erfolgte jedoch nicht. Unter dem 30.6.2015 erhob der Kläger beim AG eine erneute Verzögerungsrüge, in der er darauf hinwies, dass die Eintragung nach wie vor nicht gelöscht worden sei. Daraufhin überprüfte das AG, ob dem Kläger der Beschluss vom 6.8.2014 zugestellt wurde. Da dies nicht der Fall war, wurde diese Zustellung wiederholt und anschließend das Weglegen der Akten verfügt.

Unter dem 4.8.2015 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht K mit dem Antrag, die unzulässig gewordene Veröffentlichung auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de zu entfernen. Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts K vom 1.9.2015 (Az.: 2 L 743/15. KO) an das AG K verwiesen. Unter dem 9.10.2015 erfolgte aufgrund einer Anordnung des AG eine Löschung der Eintragung im Insolvenzregister, worüber der Kläger mit Schreiben vom 12.10.2015 unterrichtet wurde. Mit Beschluss vom 5.1.2016 (Az.: 152 C 2504/15) erklärte sich das AG K für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das LG K, weil Amtshaftungsansprüche geltend gemacht würden. Nach Übernahme durch das LG Koblenz (Az.: 1 O 3/16) wurde in der mündlichen Verhandlung vom 7.4.2016 der Rechtsstreit unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Löschung von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass er einen Anspruch auf Entschädigung nach § 198 Abs. 2 S. 3 GVG in Höhe von 800 EUR habe. Da nach § 3 Abs. 1 InsOBekV die Löschung spätestens am 6.2.2015 hätte erfolgen müssen, tatsächlich jedoch erst am 9.10.2015 erfolgt sei, sei das Verfahren über eine Dauer von acht Monaten und drei Tagen unangemessen verzögert worden. In diesem Zeitraum sei er in hohem Maße belastet gewesen. Für interessierte Dritte habe der Eindruck bestanden, dass ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet worden sei. Dieser Eindruck habe sich negativ auf Kunden und Lieferanten seines von ihm betriebenen Obst- und Weingutes ausgewirkt. Insbesondere Großkunden im Hotel- und Restaurantbereich hätten den Eindruck gewinnen können, dass er nicht mehr zuverlässig sei und zeitnah liefern beziehungsweise Rechnungen bezahlen könne. Zudem habe er sich auch nicht auf andere Art und Weise behelfen können, da ihm der Beschluss vom 6.8.2014 erst am 14.7.2015 zugestellt wo...

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