Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückgriffsanspruch des Haftpflichtversicherers gegen den Fahrer eines Unfallfahrzeugs bei Schwarzfahrt
Normenkette
BGB §§ 198, 209 Abs. 2 Nr. 4, §§ 254, 426; PflVG § 3 Nrn. 9, 11; AKB § 2b; StGB § 248b
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 08.04.2004; Aktenzeichen 1 O 15/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 8.4.2004 teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 147.487,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 131.315,02 EUR seit dem 21.2.2002 und aus weiteren 16.172,57 EUR seit dem 28.3.2002 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche an den Geschädigten W.D. als Haftpflichtversicherer noch im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 5.10.1997 zu erbringenden Leistungen zu ersetzen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben die Klägerin ein Drittel, der Beklagte zwei Drittel zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der beizutreibenden Forderung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Rückgriffsansprüche der Klägerin als Haftpflichtversicherer des Pkws Ford Fiesta der Halterin und Versicherungsnehmerin C.R., mit dem der Beklagte am Morgen des 5.10.1997, einem Sonntag, im trunkenen Zustand einen Verkehrsunfall verursachte. Die Klägerin nimmt beim Beklagten deshalb Rückgriff für die von ihr zugunsten der Unfallgeschädigten D. und B. erbrachten Leistungen.
Vor dem Unfall waren die aus K. stammende C.R. und deren Freund S.S. am Samstag, den 4.10.1997, gegen 18.00 Uhr nach A. zu den Eltern des S.S. gefahren. Gegen 20.30 Uhr holten sie den Beklagten, der ebenfalls in A. wohnte, ab, um in der Innenstadt auszugehen. Gegen 22.00 Uhr fühlte sich C.R. unwohl und kehrte daher zu den Eltern ihres Freundes S.S. zurück. S.S. und der Beklagte begleiteten sie dorthin, wollten aber dann noch einmal ausgehen. Dazu überließ C.R. ihnen das Fahrzeug. Weil ihr Freund S.S. keine Fahrerlaubnis besaß, übergab C.R. den Fahrzeugschlüssel an den Beklagten. Sie ging davon aus, dass die beiden Männer nachts wieder zurückkehren und ihr das Fahrzeug zurückbringen würden; denn sie wollte am anderen Morgen nach K. zurückfahren. Der Beklagte hatte keine inländische Fahrerlaubnis, verfügte aber über einen englischen Führerschein. Deshalb führte er in der Folgezeit das Fahrzeug und nicht S.S. Nach einer Kneipentour begaben sich der Beklagte und S.S. zu dessen Bekannten M. in W., um dort zu übernachten. S.S. schlief dort gegen 4.00 Uhr morgens am 5.10.1997 ein. Danach brach der Beklagte ohne vorherige Rücksprache mit S.S. allein zu einer weiteren Fahrt mit dem Auto der C.R. auf, bei der ihn schließlich seine Freundin A.Z. als Beifahrerin begleitete. Einzelheiten über Ziel und Zweck der Fahrt, die mit dem Unfall endete, sind nicht bekannt. Jedenfalls verursachte der Beklagte im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit bei einem Blutalkoholgehalt von 1,55 o/oo (bei Rückrechnung aus analytisch ermittelten 1,35 o/oo in einer nachträglich entnommenen Blutprobe) gegen 9.28 Uhr auf der Bundesstraße 50 in der Gemarkung Z. einen Verkehrsunfall.
Der Beklagte wollte einen von K.B. geführten Traktor überholen, musste den Überholversuch aber abbrechen, weil er alkoholbedingt den Gegenverkehr falsch eingeschätzt hatte, und kollidierte dann zuerst mit dem Traktor. Dadurch wurde der von ihm geführte Pkw der C.R. auf die Gegenfahrspur geschleudert und prallte dort mit dem entgegenkommenden Pkw Mitsubishi des D. zusammen. Der Weinkommissionär D. wurde hierbei erheblich verletzt. Er erlitt eine Schulterluxation links, eine Quetschung des linken Unterschenkels mit einem Muskelabriss, Prellungen und Schürfwunden sowie eine Distorsion beider Sprunggelenke. D. musste sich zwei Operationen unterziehen und befand sich vom Unfalltag bis zum 14.11.1997 in stationärer Krankenhausbehandlung. Danach und im Anschluss an ambulante Behandlungsmaßnahmen verblieb ihm zunächst eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 % mit Tendenzen zur Verschlechterung.
Der Beklagte und A.Z. flüchteten nach dem Unfall zunächst vom Unfallort, versteckten sich in einem Weinberg, wurden dort aber von der Polizei aufgegriffen.
C.R., die entgegen ihrer Erwartung ihren Pkw morgens nicht vorfand, erstattete am 5.10.1997 Strafanzeige, weil sie glaubte, ihr Fahrzeug sei entwendet worden. Ein deswegen schließlich gegen den Beklagten gerichtetes Strafverfahren wegen eines Eigentumsdelikts wurde mangels Nachweises einer Zueignungsabsicht eingestellt, ohne dass allerdings auch § 248b StGB in der Einstellungsverfügung erörtert worden...