Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitverschulden eines Kindes bei einem Verkehrsunfall

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 07.01.2003; Aktenzeichen 11 O 5/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 7.1.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Höhe des Schmerzensgeldes wegen der Verletzungen des Klägers bei einem Verkehrsunfall, der sich am 3.8.2000 gegen 16.15 Uhr in H. auf der Straße Am K. vor dem Elternhaus des Klägers ereignet hat. Der damals siebenjährige Kläger fuhr mit seinem Kinderfahrrad die mit 7 % Gefälle abschüssige Straße in einer Kurve bergauf und wollte nach links abbiegen, als ihm der Erstbeklagte mit seinem Pkw entgegenkam. Der Kläger zeigte nicht an, dass er abbiegen wolle, sah nach hinten, weil ihn seine Schwester rief, und kollidierte mit dem entgegenkommenden Fahrzeug des Erstbeklagten, das ihn einige Meter mitschleifte, bis es zum Stehen kam. Das Fahrzeug des Erstbeklagten befand sich bei der Kollision mit einer Fahrzeughälfte auf der - nicht durch eine Fahrbahnmittenmarkierung angezeigten - Gegenfahrspur, während der Kläger auf der Fahrspur des Erstbeklagten fuhr.

Den Erstbeklagten trifft, obwohl Einzelheiten nicht mehr aufzuklären sind, das Verschulden am Unfall, weil nur zwei Alternativen des Ablaufs in Betracht kommen, die jeweils ein Verschulden begründen: Der Erstbeklagte fuhr entweder zu schnell, nämlich um 60 km/h bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, und reagierte in diesem Fall optimal, oder er fuhr mit angemessener Geschwindigkeit von etwa 30 km/h, reagierte aber in jenem Fall zu spät.

Ein Mitverschulden des Klägers oder der für die Personensorge verantwortlichen Eltern hat das LG nicht angenommen, und zwar weder wegen der fehlenden Ankündigung des Abbiegens noch deshalb, weil der Kläger keinen Schutzhelm trug.

Der Kläger erlitt durch den Unfall eine Schädelfraktur, mehrere Hämatome und einen Schienbeinbruch. Er befand sich zwölf Tage lang im Krankenhaus, wo operativ der Schädelknochen geöffnet und ein darunter befindliches Hämatom geleert wurde, freilich ohne dass ein Eingriff in die Hirnsubstanz erforderlich wurde. Der - im Übrigen folgenlos verheilte - Eingriff hinterließ eine etwa 10 cm lange Narbe in der behaarten Kopfhaut. Das linke Ohr wies aus demselben Grund eine leichte Schiefstellung auf. Der Schienbeinbruch musste mit einem Gipsverband geschient werden; deshalb wurde der Kläger nach dem Unfall von anderen Kindern mit der Bezeichnung "Hinkebein" gehänselt. Sein Fußballtraining konnte er erst nach vier Monaten wieder aufnehmen. Im Straßenverkehr zeigte er sich anfangs unsicher und ängstlich. Dass eine Verkürzung eines Beins, die "Gehhüpfer" verursacht, auf den Unfall zurückzuführen sei, konnte das sachverständig beratene LG nicht feststellen. Der Schienbeinbruch verheilte mit einem nur "minimalen Versatz" des Fragments; deshalb dürfte eine unterschiedliche Länge der Oberschenkelknochen die natürliche und nicht unfallbedingte Ursache der "Gehhüpfer" sein.

Das LG hat dem Kläger ein Schmerzensgeld von 2.200 Euro und materiellen Schadensersatz von 300 Euro, jeweils nebst Zinsen, zugesprochen. Es hat ferner festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner auch verpflichtet sind, ihm alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis zu ersetzen. Hinsichtlich der Schmerzensgeldforderung hat es berücksichtigt, dass keine objektiv gefährliche Operation beim Entleeren des Hämatoms unter dem Kopfknochen vorgelegen habe, aber eine Narbe und die Schiefstellung des Ohres zurückbleibe. Ängstlichkeit im Straßenverkehr als Unfallfolge wurde berücksichtigt, andererseits aber auch beachtet, dass dem Erstbeklagten nur eine leichte Fahrlässigkeit zur Last liege.

Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verlangt der Kläger ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro abzgl. des zuerkannten Betrages, also weitere 2.800 Euro nebst Zinsen. Er bemängelt, die Gefährlichkeit der Kopfverletzung sei im angefochtenen Urteil vernachlässigt worden. Das LG habe den verdorbenen "Sommerspaß" und das Gespött der Kinder wegen des "Hinkebeins" nicht genügend berücksichtigt.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen und verweisen darauf, dass das LG den fehlenden Schutz durch einen Helm zu ihrem Nachteil nicht bewertet habe. Im Übrigen habe das LG alle wesentlichen Umstände berücksichtigt. Ein Wertungsfehler sei nicht ersichtlich.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet, weil sie keinen Fehler des angefochtenen Urteils i.S.v. § 529 ZPO zum Nachteil des Klägers aufzeigt.

Das LG hat alle Umstände, die für die maßgebliche Frage des Umfangs eines Schmerzensgeldes Gewicht besitzen, berücksichtigt. Ein Erörterungsmangel liegt nicht vor. Auch einen Wertungsfehler vermag der Senat nicht anzunehmen.

Die Verletz...

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