Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Eigengeschenken auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Verfahrensgang
LG Trier (Urteil vom 14.03.2003; Aktenzeichen 11 O 444/94) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Teil- und Schlussurteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des LG Trier vom 14.3.2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Senat stellt klar, dass die Kostenentscheidung im Schlussurteil des LG den Kostenausspruch des Urteils des Senats vom 17.2.1997 - 12 U 99/96 - unberührt lässt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der beizutreibenden Forderung abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Nach vorangegangener Klage auf Erstattung von Beerdigungskosten und einer "Stufenklage" auf Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen der Erblasser an den Beklagten macht die Klägerin mit der Berufung gegen das Schlussurteil des LG vom 14.3.2003 noch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beklagten, ihren Bruder, geltend. Die Parteien sind die Kinder der in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute P. und B.W. P.W. starb am 24.3.1990, B.W. am 10.1.1993. Zu Lebzeiten der Erblasser erfolgten Zuwendungen an beide Parteien, deren Ausgleich im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsrechten der Klägerin gegen den Beklagten als Alleinerben nach der letztverstorbenen Mutter der Parteien im Streit ist.
1. Zugrunde liegt folgende erbrechtliche Situation:
a) Die Eheleute W. hatten mit einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament vom 3.12.1984 sich wechselseitig zu Erben eingesetzt und den Beklagten zum Alleinerben nach dem Tode des Längstlebenden bestimmt. Hinsichtlich der Klägerin erklärten die Erblasser:
"Unsere Tochter M. bekommt nichts mehr, da sie uns betrogen und belogen hat. Sie hat ihren Pflichtteil dadurch verloren. Sie sollte uns ein Einfamilienhaus auf der P. schlüsselfertig liefern, als Tausch für die Häuser K.-Straße 61 - B.-Straße 1 mit 7-Familien-Wohnung, einer Gaststätte mit Kegelbahn + Bestuhlung. Sie hat die Mansarden nicht ausgebaut und keine Anliegerkosten bezahlt. Sie hat uns alten Leuten gekündigt, weil wir gegen die Griechen eine Anzeige gemacht haben wegen Lärmbelästigung auf der Kegelbahn bis 12.00 Uhr. Sie hat noch vor kurzer Zeit 22.000 DM bekommen. Jetzt, wo wir kein Geld mehr haben, wird ihr Mann + sie selbst frech und gemein. Sollte H. früher sterben, soll alles seine Frau M. erhalten."
b) Nachdem P.W. verstorben war, errichtete B.W., die sich dann mit dem Beklagten zerstritten hatte, unter dem 24.10.1990 ein Testament, in dem sie nun die Klägerin zu ihrer Erbin bestimmte.
c) Diese Verfügung der letztverstorbenen Mutter der Parteien ist mit Blick auf die bindenden wechselbezüglichen Verfügungen im vorangegangenen gemeinschaftlichen Testament ebenso unwirksam, wie die Entziehung des Pflichtteilsrechts ggü. der Klägerin im vorangegangenen gemeinschaftlichen Testament der beiden Erblasser. Das ist unter den Parteien nicht im Streit.
2. Die Zuwendungen zu Lebzeiten der beiden Erblasser an die Parteien gestalteten sich wie folgt:
a) Der in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute P. und B.W. erwähnte Grundbesitz einschließlich des Hausgrundstücks "P." wurde durch notariellen Übergabevertrag vom 15.1.1985 unentgeltlich "im Wege vorweggenommener Erbfolge" (§ 3 des Vertrages) auf den Beklagten übertragen. Dies erfolgte "zur teilweisen Gleichstellung" des Beklagten mit der Klägerin, "die im August 1982 ... das Wohn- und Gaststättengrundstück der Eheleute W. zu Eigentum erhalten" hatte (§ 4 des Vertrages). Die Erblasser behielten sich an dem Hausgrundstück P. "den lebenslänglichen und unentgeltlichen Nießbrauch vor", dessen Jahreswert mit 10.500 DM beziffert wurde (§ 5 des Vertrages). Auf die Übertragung dieses Immobiliarvermögens an den Kläger bezieht sich der Anspruch der Klägerin auf Pflichtteilsergänzung, ferner auf eine unstreitig erfolgte Zuwendung von 107.196,13 DM aus dem Barvermögen der Erblasser. Der Wert des Immobilienvermögens, das dem Beklagten im Jahre 1985 zugeflossen war, wurde auf das am 3.11.1998 im Rahmen der Stufenklage ergangene zweite Teilurteil des LG vom Beklagten mit Hilfe eines Sachverständigen auf eine Höhe von 327.350 DM, bezogen auf den Übertragungszeitpunkt im Jahre 1985 und auf 343.100 DM, bezogen auf den Zeitpunkt des Todes der Mutter im Jahre 1993, veranschlagt; die Höhe dieser Beträge ist nicht im Streit.
b) Im vorliegenden Rechtsstreit geht es vor allem um die Frage, ob und in welchem Umfang die Übertragung des Hausgrundstücks in W. durch die Erblasser auf die Klägerin aufgrund eines notariellen "Kaufvertrags" vom 27.8.1982 als Eigengeschenk anzurechnen ist.
Das der Klägerin übertragene Haus- und Gaststättengrundstück war nur mit Grundschulden belastet, denen keine valutierenden Forderungen mehr zu Grunde ...