Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld
Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang der Verkehrssicherungspflichten gegenüber Inline-Skatern.
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 4 O 99/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 5. Mai 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt wegen behaupteter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schmerzensgeld, nachdem sie am 9. August 1998 gegen 20.30 Uhr auf dem asphaltierten Moselradweg von K. nach T. mit ihren Inline-Rollschuhen an einer baumwurzelbedingten Unebenheit gestürzt war und sich erheblich verletzt hatte.
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, wenn sie durch Baumwurzeln verursachte Bodenunebenheiten von bis zu 2 cm auf einem allerdings auch Inline-Skatern eröffneten Fuß- und Radweg nicht beseitigt habe, zumal sich Inline-Skater auch im Hinblick auf die von ihnen erreichte Geschwindigkeit auf derartige Gefahrenquellen einstellen müssten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die an ihrem ursprünglichen Begehren – Zahlung eines Schmerzensgeldes von 2.000,– DM – festhält und zum bisherigen Vorbringen ergänzend darauf abhebt, dass die Beklagte, wenn sie schon um die Gefahren für Rollschuhfahrer gewusst habe, mindestens entsprechende Warnschilder hätte anbringen müssen.
Die beklagte Stadt tritt dem nach Maßgabe ihrer Rechtsmittelerwiderung unter anderem unter Hinweis auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Lichtbilder (Bl. 26 GA) und deren Angaben im Unfallfragebogen der AOK vom 21. August 1998 (Bl. 21 GA), wonach sie auf Grund einer „Unachtsamkeit das Gleichgewicht verloren und hingefallen” sei, entgegen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und das angefochtene Urteil (Bl. 28 f. GA) Bezug genommen, § 543 Abs. 1 ZPO.
Die Berufung ist zulässig, führt aber nicht zum Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht eine das Schmerzensgeldbegehren tragende Amtspflichtverletzung in Form der Verletzung der den Gemeinden obliegenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§§ 839, 847 BGB i.V.m. Art. 34 GG) verneint, wobei unterstellt wird, dass der streitgegenständliche Uferweg im Bereich der Unfallstelle zwischen K. und T. ein im Verantwortungsbereich der beklagten Stadt im Sinne des Landesstraßengesetzes Rheinland-Pfalz stehender öffentlicher Weg ist (§ 14 LStrG).
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden, ausführlichen und mit Rechtsprechungszitaten untermauerten Entscheidungsgründe Bezug und macht sich diese zu Eigen. Auch das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Würdigung.
Hervorzuheben bleibt:
Nach absolut herrschender Meinung verlangt die private oder öffentlich-rechtlich ausgestaltete Verkehrssicherungspflicht nicht, dass der Verkehrssicherungspflichtige jede überhaupt nur denkbare Gefahr auszuräumen hat und der Betroffene (Gast, Besucher, Benutzer u. a.) völlig der Vorsorgepflicht enthoben wird, auf seine Sicherheit in zumutbarem Maße selbst zu achten. Dieser Grundsatz findet besonders dort seine Berechtigung, wo der Benutzer eines Verkehrsweges – hier eines im Randbereich baumbestandenen Rad- und Fußweges – mit naturbedingten Bodenunebenheiten und den sich daraus ergebenden Gefahrenquellen rechnen muss, soweit diese, wie im vorliegenden Fall, im zumutbaren Rahmen liegen (wurzelbedingte Bodenanhebung von bis zu 2 cm). Das gilt in besonderem Maße wegen der schon von vornherein gefahrträchtigen Benutzungsart für Inline-Skater.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass der Straßenunterhaltungspflichtige auf einem ausdrücklich für Fußgänger und Radfahrer eröffneten Weg den besonderen Sicherheitsbedürfnissen von den Weg nutzenden Inline-Skatern Rechnung tragen müsse. Sie verkennt dabei, dass sie keine bessere Bodenbeschaffenheit erwarten darf als die anderen zugelassenen Verkehrsteilnehmer. Nach herrschender Meinung sind Inline-Skates auch keine Kraftfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 1 StVG, sondern Fortbewegungsmittel im Sinne von § 24 Abs. 1 StVO (OLG Karlsruhe, NZV 1999, 44; OLG Celle, NJW-RR 1999, 1187 mit weiteren Nachweisen; Jagusch-Hentschel, Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., Rdz. 6 zu § 24 StVO sowie Schmid, DAR 1998, 8; a.A., Vieweg, NZV 1998, 1). Das hat zur Folge, dass die Benutzer von Inline-Skates nicht den Regeln, die für den Fahrzeugverkehr gelten, sondern den für Fußgänger geltenden Vorschriften der §§ 25 f. StVO unterliegen. Mit Recht hebt daher das Oberlandesgericht Celle (a.a.O.) hervor, dass Inline-Skater, so lange es keine sie betreffenden ergänzenden gesetzlichen Regelungen gebe, nur erwarten dürften, dass der von ihnen befahrene Gehweg dem Sicherheitsbedürfnis von Fußgängern – „dem in Deutschland durch einen verhältnismäßig hohen Standard der Verkehrs...