Leitsatz (amtlich)

1. Zum Nachweis der wirksamen Parteizustellung eines - einer rechtskräftigen Aberkennung der zugrunde liegenden Werklohnforderung vorausgegangenen - Vollstreckungsbescheids.

2. Die Zustellungsbescheinigung erbringt als öffentliche Urkunde vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen, soweit diese auf eigenen Handlungen und Wahrnehmungen der Urkundsperson beruhen; jenseits dessen liegende Umstände werden nicht erfasst.

 

Normenkette

ZPO § 322 Abs. 1, § 415 Abs. 1, § 418 Abs. 1; ZPO a.F. § 180; ZPO §§ 186, 194 Abs. 2, §§ 213a, 699 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 17.12.2010; Aktenzeichen 9 O 343/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Mainz vom 17.12.2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilstenor klarstellend wie folgt gefasst wird:

Das Versäumnisurteil des LG Mainz vom 26.2.2010 - 9 O 434/09 - wird mit der Maßgabe aufrechthalten, dass der Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 6.9.1996 (Geschäftsnummer 96-1726673-0-3) aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das angefochtene Urteil und das Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 v.H. des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von Werklohn aus nach seiner Behauptung im Februar 1992 beauftragten und im Oktober 1995 abgerechneten Leistungen.

Die Beklagte hatte an den Kläger oder seine Ehefrau seit Juli 1987 eine Penthouse-Wohnung in Erbach vermietet; nach der Beendigung des Mietverhältnisses im Jahre 1992 kam es zu diversen Rechtsstreitigkeiten der Parteien. Über die von ihm behauptete Werklohnforderung i.H.v. 94.992,90 DM/48.569,10 EUR erwirkte der Kläger einen Vollstreckungsbescheid des AG Mayen vom 6.9.1996 (Geschäftsnummer 96-1726673-0-3; Ablichtung Bl. 417 GA; Original in amtliche Verwahrung genommen Bl. 517/519 GA); dieser wurde dem Kläger zur Zustellung im Parteibetrieb ausgehändigt. Zwischen den Parteien besteht Streit über die wirksame Zustellung des Vollstreckungsbescheides an die Beklagte.

Betreffend die Klageforderung hatte das AG Bensheim den weiteren Vollstreckungsbescheid vom 22.1.1997 (Geschäftsnummer 6 B 3515/96; Ablichtung Bl. 16 GA) erlassen, gegen den die Beklagte Einspruch eingelegt hatte; mit - rechtskräftigem - Versäumnisurteil des LG Darmstadt vom 15.2.2002 - 3 O 258/01 - wurde der Vollstreckungsbescheid vom 22.1.1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen (Bl. 69 f. d. Beiakten).

Mit Schreiben vom 25.9.2009 teilte das AG Michelstadt - Grundbuchamt - der Beklagten mit, dass der Kläger gestützt auf den Vollstreckungsbescheid vom 6.9.1996 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek beantragt und eingetragen erhalten hatte. Mit Schriftsatz vom 9.10.2009 (Bl. 2 ff. GA) legte die Beklagte Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid vom 6.9.1996 ein und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der - bereits u.a. wegen Urkundenfälschung vorbestrafte - Kläger war durch Urteil des AG Sigmaringen vom 8.6.1998 wegen Urkundenfälschungen zum Nachteil der Beklagten zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt worden; das Strafverfahren wurde in der Folge durch Beschluss des LG Hechingen vom 11.4.2000 gem. § 153 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 7 ff. GA).

Mit Versäumnisurteil vom 26.2.2010 (Bl. 239 f. GA) hat das LG den Vollstreckungsbescheid vom 6.9.1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen; hiergegen hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt.

Das LG hat mit Urteil vom 17.12.2010 (Bl. 357 ff. GA) das Versäumnisurteil vom 26.2.2010 aufrechterhalten und die Klage im Übrigen abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Der BGH hat mit Beschl. v. 29.4.2013 - VII ZR 37/12 - (Bl. 29 ff. d. BGH-Akte) das Senatsurteil vom 26.1.2012 (Bl. 568 ff. GA) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Kläger rügt das landgerichtliche Erkenntnis in verfahrens- wie sachlich-rechtlicher Hinsicht. Der Erlass des Versäumnisurteils vom 26.2.2010 sei wegen unterlassenen Schriftsatznachlasses bereits unzulässig gewesen; der - echte - Vollstreckungsbescheid vom 6.9.1996 sei der Beklagten wirksam zugestellt worden (Zustellungsbescheinigung Bl. 417 GA; Postzustellungsurkunde Bl. 241 GA). Die Rechtskraft des Versäumnisurteils des LG Darmstadt vom 15.2.2002 stehe der Klageforderung daher wegen der vorrangigen Rechtskraft des hier streitgegenständlichen Vollstreckungsbescheids nicht entgegen. Die behauptete Werklohnforderung sei substantiiert und unter Beweisantritt nach Grund und Höhe (gekürzter Festpreis; Bl. 161 GA) dargelegt worden (Schreiben vom 10.2.1992 [Bl. 58 GA]; Auftragsliste [Bl. 59 ff. GA]; Projekt-Planungs- und Ausführungsheft Bl. 273 ff./423 ff. GA; Rechnung ...

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