Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 10 O 334/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21.5.2015 in Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass unter Zurückweisung der Klage im Übrigen
a. die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verurteilt werden, der Klägerin
aa. ein Schmerzensgeld von 50.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2009,
bb. zum Ausgleich von Prozessvorbereitungskosten 2.468,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2009 und
cc. zum Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten 1.880,20 EUR zu zahlen,
sowie
b. die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) bis 3) für alle weiteren Schäden festgestellt wird, die aus der mangelnden Befunderhebung während der Krankenhausbehandlung der Klägerin in der Zeit vom 1. bis zum 4.11.2002 herrühren, soweit es keinen Anspruchsübergang auf Dritte gegeben hat oder geben wird.
2. Die Gerichtskosten des Rechtsstreits treffen die Klägerin und die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu je 1/2. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) die Hälfte als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) bis 6) fallen der Klägerin zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, soweit diese nicht Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wurde am 21.1.2002 mit Beschwerden im Analbereich im Krankenhaus der Beklagten zu 1) aufgenommen, in dem die Beklagten zu 2) und zu 3) ärztlich tätig waren. Ein CT offenbarte einen hinter dem Rektum gelegenen Abszess, den der Beklage zu 2) am Folgetag eröffnete. Bald darauf wurde die Klägerin mit der an den Hausarzt gerichteten Empfehlung, gegebenenfalls rektoskopische Untersuchungen in die Wege zu leiten, aus der stationären Behandlung entlassen.
Am 1.11.2002 meldete sich die Klägerin wegen zunehmender Analschmerzen wieder bei der Beklagten zu 1), wo man erneut computertomographisch einen Abszess diagnostizierte. Als sich die Beschwerdesituation besserte und eine Rektoskopie vom 4.11.2002 – nach einer wenig aufschlussreichen Untersuchung am Vortag – keinen Hinweis auf Fistelgänge ergab, verließ die Klägerin das Krankenhaus. Man war von einer spontanen Perforation und Entleerung des Abszesses in das Rektum ausgegangen. In einem Schreiben an den Hausarzt erbat die Beklagte zu 1) zur Befundkontrolle eine Wiedervorstellung in drei Wochen. Ob das der Klägerin auch persönlich von Seiten der Beklagten zu 3) vermittelt wurde, ist streitig.
In der Zeit vom 31.3. bis zum 6.4.2003 kam es zu einem dritten Aufenthalt der Klägerin bei der Beklagten zu 1). Diesmal stellte man einen persistierenden Analabszess fest, den der Beklagte zu 2) spaltete und der sich sodann unter Austritt von Eiter entleerte. Der Klägerin wurde aufgegeben, ein proktologisches Zentrum aufzusuchen.
Das geschah am 7.5.2003, indem sie sich in die Klinik der Beklagten zu 4) begab. Sie teilte mit, unter Inkontinenzproblemen zu leiden. Am 22.5.2003 kam es zu einem Eingriff, bei dem eine Analfistel aufgespürt und mit einer Drainage versehen wurde. Dem folgten wiederholte operative Maßnahmen vom 18.6., 5.8. und 21.8.2003 sowie vom 19.3.2004 zur Bekämpfung eines anhaltenden Fistelgeschehens, wobei man einen plastischen Verschluss herzustellen versuchte.
Als das ohne dauerhaften Erfolg blieb, erörterte die im Haus der Beklagten zu 4) unter der Leitung des Beklagten zu 6) beschäftigte Beklagte zu 5) mit der Klägerin am 25.5.2004 die Möglichkeit einer Fistelverklebung unter Austrocknung und alternativ die Anlage eines Anus praeter, um die Fistel ohne die von der Darmtätigkeit ausgehenden Belastungen behandeln zu können. Demgemäß setzte die Beklagte zu 5) am 8.7.2004 ein endständiges Sigma-Stoma und vollzog dann bei einem Eingriff vom 19.10.2004 die Spaltung einer Fistel, die sie abweichend von der früheren Situation in einem oberflächlichen Verlauf vorfand, so dass der innere Schließmuskel nur marginal berührt werden musste. In der Annahme, dass die Sphinkterfunktion intakt sei, schlug sie eine Rückverlegung des Anus für den Beginn des Jahres 2005 vor.
Die Klägerin suchte indessen anderweit medizinische Versorgung. Zahlreiche Untersuchungen, die dabei von Ende 2004 an durchgeführt wurden, ergaben eine erhebliche Insuffizienz des – anders als der Sphinker externus spontan arbeitenden – Sphinkter internus. Außerdem traten Analfistel-Rezidiva auf. Diese Entwicklung, die aus ihrer Sicht einen lebenslangen Anus praeter notwendig macht, sie habe erwerbsunfähig werden lassen und darüber hinaus weitreichend körperlich und psychisch behindere, hat die Klägerin den Beklagten gesamtschuldnerisch angelaste...