Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung von Kosten für die berufsbedingte Nutzung eines Kfz bei weiter Entfernung zur Arbeitsstelle. Zur Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts
Leitsatz (redaktionell)
Über eine Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578b BGB kann erst entschieden werden, wenn das Einkommen des Unterhaltsberechtigten nachhaltig gesichert ist.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1 S. 1, § 1578b
Verfahrensgang
AG Bitburg (Urteil vom 16.11.2007; Aktenzeichen 2 F 444/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des AG - FamG - Bitburg vom 16.11.2007 teilweise betreffend den Ehegattenunterhalt (Ziff. 2. und 3.) abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, der Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Elementarunterhalt i.H.v. 287 EUR und einen Altersvorsorgeunterhalt von 71,28 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage auf Zahlung von Ehegattenunterhalt wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Antragsteller zu 2/5 und die Antragsgegnerin zu 3/5.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu ¾ der Antragsteller und zu ¼ die Antragsgegnerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Verbundurteil hat das FamG die am 25.5.1979 geschlossene Ehe der Parteien geschieden. Der Scheidungsantrag war am 17.11.2004 rechtshängig. Die Parteien haben 2 Kinder, den Sohn J., der 1980 geboren ist, und die Tochter T., geboren am 28.6.1991, die seit der Trennung der Parteien im Haushalt der Antragsgegnerin lebt.
Der Antragsteller hat als Systemverwalter ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von gerundet 4.257 EUR. Die Antragsgegnerin ist ausgebildete anästhesie-und intensivmedizinische Krankenschwester. In diesem Beruf kann sie jedoch wegen eines schweren Bandscheibenvorfalls im Oktober 2005 nicht mehr tätig sein. Seit dem 1.8.2007 arbeitet sie als Gebietsleiterin für Medizinprodukte.
Das FamG hat den Antragsteller zur Zahlung eines monatlichen Elementarunterhalts i.H.v. 404 EUR und eines Altersvorsorgeunterhalts von 100 EUR verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Antragstellers, der die Abweisung der Klage auf Unterhalt, hilfsweise eine Befristung der Unterhaltszahlung, erstrebt.
II. Die Berufung ist teilweise begründet. Der Antragsteller schuldet Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB sowie Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB in aus dem Tenor ersichtlicher Höhe. Dieser Unterhalt ist derzeit weder herabzusetzen, noch zu befristen.
1. Für die Unterhaltsberechnung sind die folgenden Gesichtspunkte maßgeblich:
Der Antragsteller hat unstreitig monatlich ein durchschnittliches Nettoeinkommen i.H.v. 4.257 EUR. Das Einkommen ist um monatlich 650 EUR berufsbedingter Aufwendungen zu kürzen. Das entspricht einer Entfernung von 65 km zwischen Wohnort und Arbeitsstätte, die das AG in Ansatz gebracht hat.
Der Antragsteller greift diesen Ansatz des AG mit der Berufung nicht an, obwohl die tatsächliche Entfernung zwischen seinem Wohnort und seinem Arbeitsort 91 km beträgt. 65 km betrug die Entfernung zwischen der früheren Ehewohnung und der Arbeitsstätte. Nach der Trennung zog der Antragsteller an seinen neuen Wohnort, von wo er eine weitere Fahrtstrecke zur Arbeit zurücklegen muss.
Die Antragsgegnerin ist darüber hinaus der Auffassung, wenn der Antragsteller schon umziehe, müsse er eine Wohnung näher an seinen Arbeitsplatz beziehen. Deshalb könnten nur pauschale 5 % (max. 150 EUR) als berufsbedingte Aufwendungen anerkannt werden. Außerdem könnten bei der weiten täglichen Fahrtstrecke nicht die sonst üblichen 10 EUR/Entfernungskilometer in Ansatz gebracht werden.
Diese Argumentation ist nicht durchgreifend. Der Antragsteller war nicht gehalten, nach der Trennung eine Wohnung in der Nähe seines Arbeitsortes zu nehmen. Die finanziellen Verhältnisse sind hier nicht eng. Die Ehe der Parteien war geprägt durch die Belastung infolge des Weges zur Arbeit. Der Antragsteller hat zwar nicht begründet, warum er nach der Trennung den Wohnort in L. genommen hat. Er muss jedoch seine Lebensverhältnisse nicht so gestalten, dass sich seine Leistungsfähigkeit ggü. der Zeit während des Zusammenlebens der Parteien erhöht. Deshalb kann ihm kein Umzug in die Nähe des Arbeitsortes angesonnen werden.
Nach Ziff. 10.2.2 der Koblenzer Leitlinien (KoL) können als notwendige Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs in der Regel 10 EUR pro Entfernungskilometer im Monat angesetzt werden. Bei längerer Fahrtstrecke kommt eine Kürzung der Pauschale in Betracht. Nach einer Entscheidung des 7. Senats (Beschl. v. 23.2.2007 - 7 WF 171/07 -) ist die Pauschale für die über 30 Kilometer hinausgehende Strecke regelmäßig zu halbieren, weil der Anteil der verbrauchsunabhängigen Fixkosten sich mit jedem weiteren Kilometer verringere (vgl. auch Gerhard, Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht, 6. Aufl., 6. K...