Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen der Vaterschaftsanfechtung - Tod des Vaters im Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Keine Ausnahme von der Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB, wenn das Anfechtungsverfahren vor dem Tod des die Anfechtung betreibenden Vaters wegen Verzögerungen durch Verhalten des Kindes nicht mehr abgeschlossen werden kann.

2. Eine Feststellungsklage von Abkömmling und Erben gegen das Kind auf Feststellung, dass das Kind nicht Abkömmling und damit nicht pflichtteilsberechtigt ist, ist nicht zulässig.

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 1; BGB § 1599 Abs. 1, § 1592 Nr. 2, § 1600a; ZPO § 640 Abs. 1, § 619

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 29.08.2007; Aktenzeichen 8 O 334/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil der 8. Zivilkammer des LG Koblenz vom 29.8.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage der Abstammung des Beklagten und die sich daraus ergebenden erbrechtlichen Folgen.

Die Klägerin und ihre Schwester, Frau B.A., sind Töchter des am 8.6.2006 verstorbenen C.D.E.A., der seine Töchter durch privatschriftliches Testament vom 18.8.2003 - (Anlage K1) zu Erbinnen eingesetzt hat. Mit Urkunde des Standesamtes G. vom 24.10.2003 (Urkundennummer 4358/03 GK) erkannte Herr C.A. den am 12.10.2003 geborenen Beklagten als seinen Sohn an.

Nachdem Herr C.A. am 16.7.2005 eine Gehirnblutung erlitt und sodann bis zu seinem Tode im Koma lag, erteilte sein Bruder, F.A., aufgrund einer ihm durch notarielle Urkunde vom 24.11.1996 von C.A. erteilten Generalvollmacht einem Rechtsanwalt eine Vollmacht zur Durchführung einer gerichtlichen Vaterschaftsanfechtung. In dem noch zu Lebzeiten des C.A. eingeleiteten Vaterschaftsanfechtungsverfahren vor dem AG G. - 551 F 07744/05 - verweigerte die Mutter des Beklagten in dessen Namen unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des Verfahrens die Abgabe von Blutproben für die Durchführung der begehrten Vaterschaftsfeststellung; das Verfahren hat durch den Tod des C.A. seine Erledigung gefunden.

In dem Erbscheinsverfahren vor dem AG Montabaur als Nachlassgericht (4 IV 287/06) hat der Beklagte mit Schreiben vom 19.7.2006 das Testament des C.A. vom 18.8.2003 wegen seiner Übergehung gem. § 2079 BGB angefochten.

Die Klägerin hat vorgetragen, nach einem privat eingeholten, auf der Grundlage einer DNA-Probe des C.A. und des Beklagten erstellten Vaterschaftsgutachten sei Herr C.A. als biologischer Vater des Beklagten mit 100%iger Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Nach Kenntnis von diesem Ergebnis habe Herr C.A. seiner Familie mitgeteilt, dass er das Nichtbestehen seiner Vaterschaft gerichtlich feststellen lassen wolle. Dies habe er auch der Kindesmutter erklärt. Die Weigerung des Beklagten, in dem Anfechtungsverfahren an der Begutachtung mitzuwirken, sei rechtsmissbräuchlich gewesen und habe lediglich der Verzögerung gedient.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass der Beklagte nicht Abkömmling und damit nicht pflichtteilsberechtigt ggü. der Erbengemeinschaft nach dem am 8.6.2006 verstorbenen C.D.E.A., geboren am 29.5.1940, ist, und somit auch nicht gerechtfertigt war und ist, das Testament des C.A. vom 18.8.2003 (Anlage K 1) gemäß § 2079 BGB anzufechten, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte nicht (Mit-)Erbe nach dem am 8.6.2006 verstorbenen C.D.E.A., geboren am 29.5.1940, geworden ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der verstorbene C.A. habe nie Zweifel an der tatsächlichen Vaterschaft geäußert

Das LG hat durch Teilurteil die Klage im Hauptantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage im Hauptantrag unzulässig sei. Die Nichtabstammung des Kindes von dem nach § 1592 Nr. 2 BGB als Vater bezeichneten Mann dürfte vor der Rechtskraft der gerichtlichen Feststellung nur im Anfechtungsverfahren geltend gemacht werden und eine Ausnahme von dieser Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben. Im vorliegenden Fall gehe es um den Status selbst des Beklagten als Kind des Herrn C.A. und die unmittelbar aus dem Status sich ergebenden Rechtsfolgen. Auch eine Abwägung der Interessen der Klägerin und der des Beklagten führe vorliegend nicht dazu, dass eine Ausnahme von der Sperrwirkung anzunehmen sei. Der Beklagte habe in dem Vaterschaftsanfechtungsverfahren seine Rechte im Rahmen der prozessualen Möglichkeiten wahrgenommen, was nicht zu beanstanden sei. Das BGB sehe die Möglichkeit einer Anfechtung durch die weiteren Kinder des Mannes - vorliegend also durch die Klägerin - nicht vor. Bei den im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Interessen sei das des Beklagten an der Unantastbarkeit seines Familienstandes höher zu bewe...

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