Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthaftung
Leitsatz (amtlich)
Amtshaftungsansprüche, die auf ärztliche Fehler im Rahmen der Heilfürsorge und truppenärztlicher Behandlung eines Grundwehrdienstleistenden gestützt werden, sind gemäß § 91 a Soldentenversorgungsgesetz eingeschränkt.
Dies gilt auch für die Behandlung von unabhängig vom Wehrdienst entstandenen Leiden (z. B. nach Sportunfall im Freizeitbereich).
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 20/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Juni 1999 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
I. Der Kläger leistete ab dem 1. Mai 1998 seinen Grundwehrdienst in der Bundeswehr ab. Am 10. Mai 1998 erlitt er bei einem Unfall im häuslichen Bereich eine Schnittverletzung an der linken Hand, bei dem mehrere Sehnen und Nervenstränge durchtrennt wurden. Die operative Erstversorgung erfolgte in einem zivilen Krankenhaus in Mönchengladbach. Anschließend wurde der Kläger vom 25. Mai bis 6. Juli 1998 im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz weiterbehandelt.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämtlicher in Zukunft noch eintretender Schäden und begründet dies mit einer angeblich unzureichenden und fehlerhaften Behandlung und Versorgung im Bundeswehrzentralkrankenhaus.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 1 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) ausgeschlossen seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er vor allem zu seiner Rechtsansicht, dass wegen der im Freizeitbereich erlittenen Handverletzung die haftungsbeschränkende Vorschrift des § 91 a Abs. 1 SVG nicht eingreife, weiter vorträgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 48-50 d.A.) verwiesen.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche nach allgemeinen Gesetzen, vor allem nicht aus Deliktsrecht (§§ 823 ff., 847 BGB), sondern allenfalls die nicht streitgegenständlichen Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu, § 91 a Abs. 1 SVG. Vor allem greifen Ansprüche aus §§ 839, 847 BGB i.V.m. Art. 34 GG hier nicht zugunsten des Klägers ein.
Die Behandlung des Klägers im Bundeswehrzentralkrankenhaus der Beklagten war zwar Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe und erfolgte damit in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne des Art. 34 GG (BGHZ 120, 176 ff., 178; BGH NJW 1996, S. 2431 f.).
Jedoch unterliegt der auf eine fehlerhafte und unterlassene ausreichende (ärztliche) Behandlung und Versorgung der außerhalb des Dienstes erlittenen Handverletzung während des Aufenthaltes im Bundeswehrzentralkrankenhaus gestützte Schadensersatzanspruch den Beschränkungen des § 91 a SVG. Nach dieser Bestimmung haben die nach dem Soldatenversorgungsgesetz versorgungsberechtigten Personen, hier der Kläger, aus Anlass einer Wehrdienstbeschädigung gegen den Bund nur die auf diesem Gesetz beruhenden Ansprüche, es sei denn, dass die Wehrdienstbeschädigung durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung verursacht worden ist, wofür im vorliegenden Fall jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorliegen (siehe BGH NJW 1992, S. 745). Nach § 81 Abs. 1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Es ist einhellige Auffassung, dass ein schädigendes Ereignis, das zu einer Wehrdienstbeschädigung führt, auch ein mißlungener ärztlicher Heilangriff oder ein sonstiger ärztlicher Behandlungsfehler bei der ärztlichen Betreuung im Rahmen des Wehrdienstverhältnisses – wie vom Kläger behauptet – sein kann (BGHZ 120, 176 ff., 179). Im vorliegenden Fall ist die vom Kläger behauptete gesundheitliche Schädigung „durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse” herbeigeführt worden und unterfällt daher der dritten in § 81 Abs. 1 SVG genannten Fallvariante. Wehrdiensteigentümlich im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG sind die besonderen Gegebenheiten des soldatischen Sozialbereichs der Bundeswehr, die sich deutlich von vergleichbaren des Zivillebens unterscheiden. Das „Beziehungsgefüge” zwischen dem Gesundheitsverhalten der Soldaten einerseits und der Heilfürsorge andererseits erhält sein besonderes Gepräge dadurch, dass der Soldat nach § 17 Abs. 4 Satz 1 SG alles in seine...