Leitsatz (amtlich)

Die Verweigerung der Mitwirkung beim Sachverständigenbeweis im Rechtsstreit über abgelehnte BU-Leistungen ist keine Obliegenheitsverletzung mit der Folge von Leistungsfreiheit, sondern außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BB-BUZ allenfalls Verletzung einer prozessualen Mitwirkungspflicht mit entsprechenden beweisrechtlichen Folgen.

 

Normenkette

VVG § 6 Abs. 3; BB-BUZ § 7

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 31.10.2005; Aktenzeichen 16 O 498/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.10.2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 79.844,56 EUR sowie folgende Zinsen zu zahlen:

7,30 % aus 3.713,19 EUR seit dem 1.4.1999; 6,30 % aus weiteren 742,64 EUR seit dem 1.8.1999; 6,30 % aus weiteren 1.029,79 EUR seit dem 1.1.2000; 7,68 % aus weiteren 1.029,79 EUR seit dem 1.3.2000; und 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz aus:

weiteren 3.089.38 EUR seit dem 1.4.2000; weiteren 3.089.38 EUR seit dem 1.7.2000; weiteren 3.089.38 EUR seit dem 1.10.2000, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.1.2001, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.4.2001, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.7.2001, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.10.2001, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.1.2002, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.4.2002, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.7.2002, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.10.2002, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.1.2003, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.4.2003, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.7.2003, weiteren 3.212,95 EUR seit dem 1.10.2003, weiteren 3.318,96 EUR seit dem 1.1.2004; weiteren 3.318,96 EUR seit dem 1.4.2003; weiteren 3.318,96 EUR seit dem 1.7.2004; weiteren 3.318,96 EUR seit dem 1.10.2004; weiteren 3.372,07 EUR seit dem 1.1.2005 und weiteren 3.372,07 EUR seit dem 1.4.2005.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin 4 % und die Beklagte 96 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 14 % und die Beklagte 86 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsleistungen wegen Berufsunfähigkeit.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 1.12.1978 ein Vertrag über eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Das Datum für den Ablauf des Versicherungsvertrages ist der 1.12.2008.

Die Klägerin war als Rechtsanwältin mit eigner Kanzlei tätig. Sie meldete der Beklagten zum 1.3.1997 Berufsunfähigkeit; Grund waren psychische Schwierigkeiten (es wurde ein "Burn-out-Syndrom" vorgetragen) einhergehend mit einer Alkoholerkrankung. Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 30.4.1998 die Berufsunfähigkeit zum 1.3.1997 an und erbrachte Leistungen bis zum 1.4.1999. Bereits in dem Schreiben vom 30.4.1998 wies die Beklagte die Klägerin auf ihre Schadensminderungspflicht hin, speziell auf ihre Obliegenheit zur Durchführung von Alkoholentwöhnungsbehandlungen.

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Klägerin eine Obliegenheitsverletzung dergestalt vorzuwerfen ist, dass sie ihre Alkoholkrankheit nicht obliegenheitsmäßig bekämpft habe.

Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 83.361,32 EUR nebst Zinsen gemäß den geschuldeten Rentenleistungen beantragt. Wegen der Fassung der erstinstanzlichen Anträge der Klägerin im Einzelnen wird auf S. 6 des landgerichtlichen Urteils (Bl. 461 GA) Bezug genommen.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Wegen der Feststellungen des LG im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat nach Beweisaufnahme der Klage in Höhe eines Betrages von 57.353,93 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat eine Leistungsfreiheit der Beklagten für die Zeiträume 1.9.2001 bis 28.2.2002 sowie vom 1.6.2002 bis 31.8.2003 wegen fehlender Mitwirkung der Klägerin im Rahmen der von der Kammer angeordneten Begutachtungen angenommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Die Klägerin macht geltend, es sei unzutreffend, dass sie nach Eintritt der Berufsunfähigkeit Obliegenheiten verletzt habe, die zur zeitweisen Leistungsfreiheit der Beklagten führten. Bei dem gerichtlichen Verfahrensstand habe es sich nicht um ein ordnungsgemäßes Nachprüfungsverfahren gemäß den Versicherungsbedingungen gehandelt. Im Übrigen habe das LG übersehen, dass eine Obliegenheit nur ggü. dem Vertragspartner bestehe, eine Obliegenheit ggü. dem Gericht gebe es nicht. Wenn eine Partei sich der Begutachtung durch den gerichtlich bestellten Sachvers...

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