Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltliche Pflichten bei Vergleichsschluss
Normenkette
BGB § 675
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 18.05.2005; Aktenzeichen 15 O 147/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 18.5.2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten, seinem vormaligen Prozessbevollmächtigten, Ersatz eines Schadens i.H.v. 62.377,61 EUR, der dadurch entstanden sei, dass der Beklagte ihn zum Abschluss eines ihm ungünstigen Vergleichs in der mündlichen Verhandlung vor dem 2. Zivilsenat des OLG Koblenz am 29.11.2001 bewogen habe.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem 2. Zivilsenat vom 29.11.2001 keine Kenntnis vom Schuldschein sowie seinen rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründen und seiner Werhaltigkeit gehabt.
Der Senat habe zunächst mitgeteilt, dass er nicht wisse, wie er die Frage des Widerrufs des Schenkungsangebots nach § 530 BGB entscheiden werde. Der Senat habe dann sogleich ein Vergleichsangebot - Zahlung von 65.000 DM durch ihn - unterbreitet, das er abgelehnt habe. Er habe auch den zweiten Vorschlag - Zahlung von 45.000 DM und Verzicht auf die Rechte aus dem Schuldschein - abgelehnt. Der Beklagte habe ihn in dieser Situation nicht beraten, obwohl er ihn wiederholt darum gebeten habe. Er habe sowohl dem Senat als auch dem Beklagten erklärt, dass er alles nicht verstehe, und seine Überforderung mehrfach zum Ausdruck gebracht. Unbeeindruckt hiervon habe der Beklagte ihn nur noch gefragt, was er überhaupt zahlen könne. Er habe irritiert mitgeteilt, dass ihm maximal 5.000 DM bis 10.000 DM zur Verfügung stünden. Der Beklagte habe zudem annähernd wörtlich erklärt, dass "diese Kammer eine solche Verhandlung noch nie geführt habe und vollkommen überfordert sei. Daher werden sie beide Prozesse verlieren, wenn sie dem Gericht nicht entgegenkommen." Nach einer Beratung in Besprechungszimmer des Senats habe der Senat den später abgeschlossenen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Die Frage des Senats, ob er den Inhalt des Vergleichsvorschlags begriffen habe, habe er verneint. Noch vor Protokollierung des Vergleichs habe der Senatsvorsitzende mitgeteilt, dass das Schenkungsangebot nicht sittenwidrig gewesen sei und die damalige Berufungsklägerin den Urkundenprozess auch im Nachverfahren verloren hätte. Er habe schließlich dem Vergleich schließlich - völlig überfordert und entnervt - zugestimmt.
Bei zutreffender Beratung hätte er jedenfalls nicht auf den im Urkundenvorbehaltsurteil titulierten Anspruch verzichtet. Es sei nicht erforderlich gewesen, den Schuldschein in den streitgegenständlichen Vergleich einzubeziehen. Sowohl im Berufungsverfahren als auch im Nachverfahren wäre er nicht unterlegen. Es sei ihm in der Tat sehr wichtig gewesen, das Haus zu bekommen. Er habe aber auch das Geld aus den Schuldscheinen gewollt.
Der Beklagte hat vorgetragen, angesichts der völlig offenen Prozessituation sei der Vergleich vernünftig und dem Kläger günstig gewesen. Der Senat habe erklärt, dass keine Sittenwidrigkeit vorliege, er sich aber keine abschließende Meinung dazu, ob ein Widerruf möglich sei, gebildet habe. Der Senat habe nicht erklärt, dass das Urkundenvorbehaltsurteil im Nachverfahren standhalten werde.
Es sei zu dann zu einer zweistündigen Diskussion gekommen, bei der um einen Vergleich gerungen worden sei. Dies habe der Kläger auch recht gut verstanden, weil er noch Monate später in der Lage gewesen sei, den Geschehensablauf im Detail zu rekonstruieren. Dies folge aus den Schreiben des Klägers an die damalige Bundesjustizministerin vom 23.7.2002 (Bl. 188 BA) sowie an die Rechtsanwälte Diesel vom 26.2.2002 (Bl. 145 BA). Der Kläger sei persönlich anwesend und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen. Er sei nicht überfordert bzw. genervt gewesen. Der Kläger habe den Vergleich unbedingt gewollt, um sicherzustellen, dass er das Hausgrundstück bekomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten bereits nicht schlüssig dargelegt. Nach seinem eigenen Vortrag habe kein Beratungsbedarf bestanden, weil der Senatsvorsitzende vor Abschluss des Vergleichs erklärt habe, der Kläger werde auch das Nachverfahren gewinnen. Der Kläger sei sich - nach dem persönlichen Eindruck, den die Kammer von dem Kläger gewonnen habe - trotz seines Alters der wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeu...