Leitsatz (amtlich)
1. Entspricht eine Wendeltreppe den maßgeblichen baurechtlichen Vorschriften, sind weitergreifende Sicherungsmaßnahmen des Eigentümers grundsätzlich nicht veranlasst.
2. Kommt ein Besucher bei Dunkelheit auf einer derartigen Treppe zu Fall, weil die vorhandene Beleuchtung kurz vorher ausgefallen ist, fehlt es am Verschulden des Hauseigen-tümers, da er nicht verpflichtet ist, sofort für eine Reparatur zu sorgen. Er darf vielmehr darauf vertrauen, dass Besucher die Treppe bei Dunkelheit mit gesteigerter Eigensorgfalt am äußeren Rand begehen und sich am Geländer festhalten.
Normenkette
BGB § 823; LBO Rheinland-Pfalz §§ 30, 33
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 9 O 530/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.8.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Mainz wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von den Beklagten Ersatz materiellen Schadens (3.014 DM), die Zahlung von Schmerzensgeld (10.000 DM) und sie begehrt die Feststellung der Verpflichtung zum Ausgleich künftig eintretender Schäden.
Am 21.8.1999 war die Klägerin bei den Beklagten zu Besuch. Gegen 23.15 Uhr gingen sie und die Beklagte zu 2) nebeneinander die zur Wohnung der Beklagten führende Außentreppe hinab. In dem im unteren Bereich der Treppe gewendelten Teil stürzte die Klägerin und brach sich das Sprunggelenk. Sie war längere Zeit arbeitsunfähig.
Sie hat vorgebracht:
Die Treppenanlage sei nicht verkehrssicher. Die Treppe biete auf der Innenseite des gewendelten Teils kaum Auftrittsfläche und sei am Unfallabend auch nicht genügend ausgeleuchtet gewesen. Das Geländer biete eine nur unzureichende Sicherung, denn es knicke i.H.d. 8. Stufe plötzlich nach rechts ab.
Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Treppe sei im Hinblick auf ihre bauliche Ausgestaltung verkehrssicher. Nach den Ausführungen des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren sei die Treppe für eine Einzelperson gut begehbar, denn die Auftrittsfläche betrage 35 cm bzw. 50 cm vom Geländer entfernt 26 bis 30 cm. Soweit die Klägerin eine mangelhafte Beleuchtung rüge, komme es darauf nicht an, weil die Lampe im ersten Obergeschoss nur am Unfalltag defekt gewesen sei und nicht bereits längere Zeit. Die Klägerin müsse sich auch ein überwiegendes Verschulden entgegen halten lassen. Sie habe die Treppe aufgrund zahlreicher Besuche gekannt und habe sie, ohne dass hierfür eine Notwendigkeit ersichtlich sei, auf der Innenseite neben der Beklagten zu 2. begangen.
Gegen die Entscheidung des LG wendet die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel ein: Sie habe die Treppenmitte nicht benutzen können, denn hieran sei sie durch die Beklagte zu 2. gehindert worden. Im inneren Bereich sei das Verhältnis von Tritt- zu Setzstufen wesentlich ungünstiger als in der vom Gutachter untersuchten Lauflinie. Ein Bereich von 20 cm neben dem Geländer – fast senkrecht abfallend – sei gänzlich unbenutzbar. Wegen der ausgefallenen Beleuchtung hätte sie, Klägerin, aufgefordert werden müssen, sich unter größter Vorsicht äußerst links die Treppe hinabzutasten. Ein Mitverschulden bestehe nicht. Sie habe den umgebauten Zustand der Treppenanlage nicht erkannt.
Dem sind die Beklagten entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Auf die Entscheidung wird vorab zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO).
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Die Beklagten haften nicht aus dem Gesichtspunkt einer schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 BGB). Es kann daher dahinstehen, ob die Beklagte zu 2. als Nichteigentümerin des Anwesens aus einem anderen rechtlichen Grund verkehrssicherungspflichtig war.
1. Die allgemeine Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung Anderer zu nehmen, beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen hat. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer und bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH v. 11.12.1984 – VI ZR 218/83, MDR 1985, 833 = NJW 1985, 1076; NJW 1978, 1629). Treppen und ihre Umgebung müssen so beschaffen sein, dass Unfällen vorgebeugt wird (vgl. BGH v. 16.1.1990 – VI ZR 109/89, NJW-RR 1990, 409 [410]).
Sie haben den bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen (vgl. § 33 LBO n.F. 1999 = § 30 LBO a.F.) und müssen, da sich die Sicherungspflicht nicht im Einhalten von Ba...