rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
1) § 3 der Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude (LBZ), der bestimmt, daß der nach § 2 (3) LBZ errechnete „erhöhte Zeitwertschaden” nur ersetzt wird, wenn das Gebäude an der bisherigen Stelle wiederhergestellt wird oder die Verwendung der Entschädigung zu diesem Zweck sichergestellt ist, wird nicht durch § 2 der Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden (SGIN 79 a) ausgeschlossen. § 2 Nr. 2 SGIN 79 a verdrängt lediglich § 2 (2) LBZ, d. h. Neuwertentschädigung statt erhöhter Zeitwertentschädigung nach Staffel, läßt aber die Wiederherstellungsklausel in § 3 (1) LBZ unberührt (in Anknüpfung an LG Flensburg VersR 1991, 1050; OLG Oldenburg VersR 1992, 956; OLG Hamm VersR 1986, 670).
2) Dem Versicherten steht aus der Verletzung von Beratungs- und Hinweispflichten ein mit der Versicherungsleistung zu verrechnender Schadensersatzanspruch zu, wenn die Versicherung den Versicherungswert für ein landwirtschaftlich genutztes Gebäude ohne Hinzuziehung eines Fachmanns oder Sachverständigen zur Festsetzung des richtigen Versicherungswertes zu niedrig bemessen hat und dadurch eine Unterversicherung eingetreten ist (in Anknüpfung an BGH NJW-RR 1989, 410).
3) Darf sich der Versicherer auf eine Unterversicherung nicht berufen, so muß sich der Versicherte den Prämienvorteil im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen.
Normenkette
Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude (LBZ) §§ 1-3; Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden (SGIN 79 a) § 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 6 O 164/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26. März 1998 teilweise abgeändert und neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 97.974,71 DM nebst 4 % Zinsen seit 1.4.1995 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3 zu zahlen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 160.000,– DM abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Feuerversicherung in Anspruch.
Am 18./19.03.1994 kam es auf dem Anwesen des Klägers in M, zu einem Brand, bei dem eine Scheune mit Stall sowie ein vormaliges Wohnhaus fast vollständig niederbrannten. Im Jahre 1979 hatte der Kläger mit seiner Familie in der Nähe dieser Gebäude ein neu errichtetes Wohnhaus bezogen. Das bisherige Wohnhaus wurde ab diesem Zeitpunkt noch teilweise für landwirtschaftliche Zwecke genutzt.
Der Kläger hatte im Jahre 1963 bei der Beklagten für die abgebrannten Gebäude eine Feuerversicherung zum gleitenden Neuwert für Wirtschaftsgebäude abgeschlossen. Im Jahre 1971 wurden die Versicherungswerte unter Einbeziehung von Inventar und Ernte neu festgesetzt. Im Versicherungsschein vom 27.08.1971 (GA 7) wurde hinsichtlich des Wohnhauses ein Versicherungswert (1914) von 8.000,– Mark und hinsichtlich Stall/Gebäude ein Versicherungswert von 5.000,– Mark festgesetzt. Dem Versicherungsvertrag lagen die Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung landwirtschaftlicher Gebäude (LBZ) und die Sonderbedingungen für gleitende Neuwertversicherung von Wohn- Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden (SGIN 79 a) zugrunde.
Die Beklagte hat nach dem Brandschaden auf der Grundlage der „Abschätzungen” des Sachverständigen L vom 08.06.1994 die Entschädigungsleistungen abgerechnet. Dabei ging sie in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen davon aus, daß aufgrund nachlässiger Unterhaltung der leerstehenden Gebäude eine Wertminderung von 60 % angemessen sei. Die von der Beklagten für die Gebäudeschäden insgesamt geleistete Entschädigung beläuft sich auf 124.800– DM. Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage unter Berücksichtigung eines Abschlages von 10 % eine Entschädigung nach dem Neuwert der abgebrannten Gebäude.
Der Kläger hat geltend gemacht,
das bei dem Brand im Jahre 1994 zerstörte Anwesen sei im Jahre 1972 mit einem kompletten neuen Dach auf dem Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie auf den angrenzenden Stallungen versehen worden. Nach dem Umzug im Jahre 1979 sei die Stallung des Anwesens M, wie zuvor, weiter benutzt worden. Auch das Wohngebäude sei weiterhin nutzbar geblieben und hätte jederzeit zu Wohnzwecken vermietet werden können. Im Jahre 1989 sei außerdem die gesamte Außenfassade des Wirtschaftsgebäudes ...