Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Entscheidung vom 27.01.1988; Aktenzeichen 2 O 345/87) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 27. Januar 1988 wird zurückgewiesen soweit der Beklagte verurteilt worden ist:
An die Klägerin ein Schmerzengeld von 8.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
22. Oktober 1987 zu zahlen,
und
festgestellt worden ist, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
allen zukünftig aus dem Unfallereignis vom 23. Dezember 1986 noch
entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit
dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
Im übrigen bleibt die Entscheidung über die Berufung des Beklagten dem
Schlußurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist der Schwager der Klägerin. Am 23.12.1986 besuchte die Klägerin den Beklagten und ihre Schwester, die, wie sie selbst, in Mi. wohnen.
Die Tochter der Klägerin, die Zeugin H, fuhr die Klägerin mit ihrem Pkw zu dem Haus des Beklagten. Das Haus liegt nicht unmittelbar an der Straße. Man erreicht den Hauseingang über eine mit Verbundsteinpflaster versehene breite Einfahrt. In Höhe der Vorderfront des Hauses beginnt ein Podest, das mit einem Plattenbelag versehen ist. Das Podest setzt sich zu der seitlich weiterführenden Hofeinfahrt aus Verbundsteinpflastern durch eine Stufe ab. Je mehr man sich auf dem Podest der Hauseingangstür nähert, desto höher wird diese Stufe, da die Einfahrt geländebedingt abfällt. Im Bereich, in dem das Podest an das Verbundsteinpflaster angrenzt, hat sich das Verbundsteinpflaster erheblich abgesenkt und bildet eine "Delle". Im einzelnen wird wegen der Örtlichkeit auf die Lichtbilder in den Hüllen S. 13 und 28 GA verwiesen.
Wegen des gefallenen Schnees wollte die Zeugin H der Klägerin den Weg zu dem Pkw verkürzen. Deshalb fuhr sie den Pkw nachträglich in die Einfahrt hinein. Sie stellte ihn dort so ab, daß sich die vordere Stoßstange etwa in Höhe des Beginns des Podestes befand.
Als die Klägerin das Haus nach ca. 15 Minuten wieder verließ, ging sie zunächst auf dem Podest in Richtung des nunmehr in der Einfahrt wartenden Pkw's ihrer Tochter. Als sie, um auf dem kürzesten Weg zu dem wartenden Pkw zu gelangen, von dem Podest seitlich auf die mit Verbundsteinpflaster belegte Einfahrt hinabtrat, rutschte sie aus und kam zu Fall.
Durch den Sturz erlitt die Klägerin eine Trümmerfraktur der Kniescheibe rechts. Die Klägerin wurde zweimal operiert. Wie sie behauptet hat, wurde bei der zweiten Operation die Kniescheibe entfernt. Die Klägerin befand sich vom 23.12.1986 bis 21.01.1987 und vom 11.02.1987 bis 27.03.1987 in stationärer Krankenhausbehandlung in den Krankenanstalten I-O.
Die Klägerin hat vorgetragen, an der Stelle, an der sie von dem Podest auf das Verbundsteinpflaster hinabgetreten sei, habe sich schon am 23.12.1986 eine starke Absenkung befunden. Wegen dieser Absenkung in Verbindung mit dem vorhandenen Schnee sei sie ausgerutscht und gestürzt. Die "Delle" in dem Verbundsteinpflaster sei für sie nicht erkennbar gewesen. Die Einfahrt habe sich ihr wegen des gefallenen Schnees als ebene Fläche dargestellt. Die Örtlichkeit sei ihr vorher nicht bekannt gewesen.
Wegen der Entfernung der Kniescheibe sei eine Teilversteifung des Knies eingetreten, die nur durch einen weiteren Eingriff wieder beseitigt werden könne. Es bestehe dabei jedoch die Gefahr der völligen Versteifung des rechten Beines.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 10.000 DM, zu zahlen;
2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen aus dem Unfallereignis vom 23. Dezember 1986 zukünftig noch entstehenden Schaden, soweit er nicht auf Versicherungsträger übergegangen ist, zu ersetzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, er sei seiner Streupflicht am 23.12.1986 in ausreichendem Maße nachgekommen. Seine Frau habe am Morgen des 23.12.1986 die Eingangstreppe, das Podest und einen vom Podest zur Straße führenden Pfad schneefrei gekehrt. Wegen des kurz vor dem Unfall niedergehenden Schneefalls seien allenfalls vereinzelt einige Schneeflocken auf der Treppe und den Podestplatten liegengeblieben. Auf keinen Fall habe sich hier jedoch wieder eine geschlossene Schneedecke gebildet gehabt.
Wenn die Klägerin auf dem schneefreien Podest geblieben wäre und sich nur auf den an das Podest anschließenden schneefreien Pfad in Richtung Straße bewegt hätte, wäre es nicht zu dem Sturz gekommen. Die Klägerin habe den vom Schnee geräumten Weg verlassen. Deshalb habe sie den eingetretenen Schaden selbst zu vertreten. Die Setzschäden im Verbundsteinpflaster seien erst nach dem Unfallgeschehen durch Baufahrzeuge verursacht worden. Auf jeden Fall treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden. Die Höhe des verlangten Schmerzensgeldes sei erheblich übersetzt.
Das Landgericht hat die Zeuginnen H. und Sch. vernommen. Sodann...