Leitsatz (amtlich)

1. Eine Klausel, die dem investitionspflichtigen Käufer eines Grundstücks in den neuen Bundesländern auferlegt, im Falle einer Weiterveräußerung ohne Investition erhebliche Teile des Mehrerlöses an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderausgaben abzuführen, ist keine Nachbewertungsklausel.

Es handelt sich vielmehr um eine Verwertungsklausel, die selbst im Falle der Weitergabe der Investitionsverpflichtung nicht gegen § 9 AGB – Gesetz verstößt.

2. Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten auch dann, wenn bei möglicherweise richtigem Ergebnis lediglich die Begründung schwerwiegende Mängel aufweist.

 

Normenkette

AGBG § 10 Nr. 7, § 11 Nr. 5 und 6, §§ 8-9; BGB § 319 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 16 0 296/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.02.2003; Aktenzeichen V ZR 285/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 20.10.2000 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.687,01 Euro (= 24.750 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 25.4.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 127.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe stellt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin war als Bundesanstalt damit betraut, in den neuen Bundesländern belegenes Grundvermögen zu privatisieren und investiven Zwecken zuzuführen. In dieser Rolle wirkte sie bei einem Kaufvertrag mit, durch den der Beklagte zum Preis von 990.500 DM ein knapp 3.000 qm großes Gelände in Leipzig erwarb. Verkäuferin war die W. GmbH i.L. (im Folgenden: GmbH).

Der Vertrag, der am 9.12.1992 geschlossen wurde, verpflichtete den Beklagten in § 9 dazu, bei Meidung der Rückübertragung und der Zahlung einer Vertragsstrafe auf dem Grundstück zu bauen: „Abhängig von der Baugenehmigung” sollte er zunächst binnen zweier Jahre eine Einzelhandelsfläche und binnen zwei weiterer Jahre außerdem Wohnungen errichten; das Bauinvestitionsvolumen war mit insgesamt 6,5 Mio. DM veranschlagt. Für den Fall der Übertragung des Geländes auf einen Dritten war der Beklagte durch § 11 gehalten, „diesem sämtliche … übernommenen Verpflichtungen … aufzuerlegen”. Zusätzlich wurde insoweit in § 5 geregelt:

(1) Veräußert der Käufer den Kaufgegenstand ganz oder teilweise bis einschließlich 31.12.1994, so hat er den über dem Kaufpreis liegenden Mehrerlös i.H.v. 80 % an den Verkäufer abzuführen. Bei einer Veräußerung nach dem 31.12.1994, aber bis einschließlich 31.12.1996, sind 50 % des Mehrerlöses abzuführen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Veräußerungsvertrages.

(2) Liegt der erzielte Kaufpreis unter dem Verkehrswert, sind 80 % bzw. 50 % des Betrages an den Verkäufer abzuführen, um den der zum Zeitpunkt der Veräußerung bestehende Verkehrswert den Kaufpreis übersteigt.

Kommt eine Einigung über den Verkehrswert zwischen den Parteien nicht zustande, ist dieser durch einen von ihnen gemeinsam zu benennenden öffentlich bestellten, vereidigten Sachverständigen verbindlich festzustellen. Kommt auch über dessen Bestellung keine Einigung zustande, wird der Sachverständige auf Antrag einer der Vertragsparteien vom Präsidenten derjenigen Industrie- und Handelskammer bestimmt, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich der Kaufgegenstand belegen ist.

In der Folge bemühte sich der Beklagte um eine Baugenehmigung. Als diese schließlich am 25.11.1994 erteilt wurde, sah er sich außerstande, das Bauvorhaben durchzuführen und übertrug das Grundstück mit Vertrag vom 6.4.1995 für 990.500 DM an eine Familie R.. Dabei ließ er sich zusichern, dass diese seine in § 9 des Vertrags vom 9.12.1992 niedergelegte Investitionsverpflichtung erfüllen werde. Mittlerweile hat die Familie R. gebaut. Nach dem Vorbringen des Beklagten geschah das auf der Grundlage der alten Baugenehmigung.

Im Verlauf des Jahres 1996 trat die Klägerin, die sich in § 21 des Vertrags vom 9.12.1992 die Befugnis zur Geltendmachung der Verkäuferrechte hatte einräumen lassen und die überdies am 28.9.1999 auch noch eine Abtretungsvereinbarung mit der GmbH schloss, mit Zahlungsforderungen an den Beklagten heran. Sie ging davon aus, dass dieser das Grundstück unter dem Verkehrswert weiterveräußert habe und ihr deshalb 50 % des Unterschiedsbetrags zu dem niedrigeren Kaufpreis zustünden, den die Familie R. gezahlt habe. Da die Parteien in der Beurteilung des Verkehrswerts nicht übereinstimmten und sich auch nicht über die Einsetzung eines Sachverständigen einigten, beauftragte die Klägerin einen von der Industrie- und Handelskammer Leipzig benannten Gutachter mit der Wertermittlung. Dieser bemaß den Grundstücksverkehrswert per 6.4.1995 mit 1,4 Mio. DM.

Darauf gestützt hat die Klägerin den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 27.810,15 DM nebst Zinsen in ...

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