Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 24.08.2015; Aktenzeichen 5 O 194/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Mainz vom 24.8.2015, Az. 5 O 194/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.579,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.9.2014 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger zu 8 Prozent und die Beklagte zu 92 Prozent.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 7 Prozent und die Beklagte zu 93 Prozent.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung einer geleisteten Nichtabnahmeentschädigung nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach Widerruf zweier Darlehensverträge.
Die Parteien schlossen am 4./11.7.2008 im Wege eines Fernabsatzgeschäftes über Finanzdienstleistungen zum Zwecke der Finanzierung einer Bestandsimmobilie zwei Verbraucherdarlehensverträge in Form so genannter Forwarddarlehen (Bereitstellungsdarlehen) in Höhe eines Nettodarlehensbetrages von 160.000,00 EUR und 35.000,00 EUR ab. Für die Abnahme der Darlehensmittel war ein Zeitraum zwischen dem 31.5.2011 und dem 31.5.2012 vorgesehen (Anlage K1, Bl. 14 ff. GA).
Den Darlehensverträgen war jeweils eine Widerrufserklärung beigefügt, über deren Ordnungsgemäßheit die Parteien streiten (Bl. 21, 25 GA). Die Widerrufsbelehrungen enthielten u.a. folgenden Passus:
"Die Frist beginnt einen Tag, nachdem Ihnen
- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung
- eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages, jeweils einschließlich der Allgemeinen Darlehensbedingungen,
- die Informationen, zu denen die Immobilienbank nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB InfoV) verpflichtet ist,
zur Verfügung gestellt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages."
Der Kläger nahm die Darlehen nicht ab und zahlte auf Anforderung der Beklagten vom 17.3.2011 eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von 14.579,36 EUR (Anlage K 2, Bl. 26 ff. GA).
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.9.2014 (Anlage K 3, Bl. 30 ff. GA) hat der Kläger die mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträge widerrufen und die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Nichtabnahmeentschädigung sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren unter Fristsetzung bis zum 2.10.2014 aufgefordert.
Mit Schreiben vom 26.9.2014, eingegangen bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29.9.2014 hat die Beklagte den Widerruf in Abrede gestellt und die Zahlungen verweigert.
Mit seiner bei Gericht am 29.10.2014 eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Darlehensverträge sei wirksam widerrufen worden, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden sei. Die Widerrufsbelehrungen seien hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich gewesen. Auf die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie von der Musterbelehrung abgewichen sei. Auch nach Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung sei die Ausübung des Widerrufsrecht noch möglich. Ein Anspruch sei weder verwirkt noch liege eine missbräuchliche Rechtsausübung vor.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 14.579,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.9.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn von Zahlungen außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.194,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.9.2014 an seine Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Widerrufsbelehrungen seien nicht fehlerhaft gewesen. Diese entsprächen in allen Punkten den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. Eine inhaltliche Bearbeitung der Musterbelehrungen sei nicht erfolgt, so dass sie sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Im Übrigen sei das Widderrufsrecht durch Abschluss und Erfüllung eines Aufhebungsvertrages bereits erloschen. Dem Widerruf stehe des Weiteren § 312d Abs. 3 Ziffer 1 BGB a.F. entgegen. Jedenfalls aber stehe der Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung entgegen.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 24.8.2015 (Bl. 222 ff. GA), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Beg...