Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 16 O 137/04) |
Tenor
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Leistungen aus einem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag wegen eines Einbruchsdiebstahlschadens.
Zwischen den Parteien besteht eine auf der Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für Einbruchs-, Diebstahl- und Rauchversicherung (AERB 87) geschlossene Geschäftsversicherung.
In der Zeit vom 27.9.2003, 15:00 Uhr, und 28.9.2003, 15:30 Uhr, wurde in die Betriebsräume der Klägerin, die einen Fachmarkt mit Artikeln für das Friseurhandwerk betreibt, eingebrochen und ein Teil des dort lagernden Warenbestandes entwendet, wobei der Umfang des Schadens zwischen den Parteien streitig ist. Die Parteien streiten weiter darum, ob die Klägerin rechtzeitig die geforderte Stehlgutliste bei der Polizei sowie auch bei der Beklagten eingereicht hat oder ob die Beklagte insoweit wegen einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin leistungsfrei ist. Die Klägerin meldete den Schadensfall umgehend der Beklagten, die sodann ihren ehemaligen Agenten H. zu dem Schadensort entsandte. Dieser füllte anlässlich des von ihm durchgeführten Ortstermins am 30.9.2003 das als Schadensanzeige bezeichnete Formular (Bl. 22 d.A.) aus, welches den handschriftlichen Eintrag enthält: "Schadensaufstellung folgt (schnellstens) VN führt gerade Inventur durch, um den Schaden zu erfassen." Am 14.10.2003 suchte sodann der Schadensregulierer M. die Betriebsräume der Klägerin auf, um Feststellungen zum Ausmaß des Schadens zu treffen. Ein weiterer Termin mit dem Schadensregulierer M. in Beisein eines Sachverständigen fand Ende Oktober oder im November 2003 statt.
Mit Schreiben vom 31.10.2003 übersandte die Klägerin sodann die von ihr erstellte Stehlgutliste sowohl an die Beklagte als auch an die Ermittlungsbehörde.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Sie sei erstmals anlässlich des Ortstermins mit dem Zeugen M. am 28.10.2003 auf das Erfordernis der zeitnahen Einreichung der Stehlgutliste aufmerksam gemacht worden; auf den möglichen Verlust des Versicherungsschutzes bei verspäteter Einreichung habe der Schadensregulierer sie indessen nicht hingewiesen. Im Übrigen hätte sich auch bei postwendender Übergabe einer Auflistung des gestohlenen Gutes an die Polizei kein Fahndungserfolg eingestellt, da es sich bei den entwendeten Gegenständen um "Allerweltsgegenstände" ohne besondere Individualisierungsmerkmale gehandelt habe, die dem konkreten Diebstahl bei ihr nicht zuverlässig hätten zugeordnet werden können. Zudem habe sie der Polizei unmittelbar nach Entdeckung des Schadens Art und Umfang der gestohlenen Gegenstände in einem groben Überblick bereits mitgeteilt.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Sparkasse K., (Geschäftszeichen ... 53AB) 69.596,39 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 18.3.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, sie sei wegen der verspäteten Einreichung der Stehlgutliste und der darin liegenden Obliegenheitsverletzung von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei. Insoweit hat sie vorgetragen, die Klägerin sei sowohl von dem Zeugen H. als auch von dem Zeugen M. bei den jeweiligen Ortsterminen auf die Notwendigkeit der Einreichung einer Stehlgutliste hingewiesen worden. Sie beruft sich weiterhin auf eine bestehende Unterversicherung und bestreitet, dass der von der Klägerin behauptete Teil ihres Warenbestandes entwendet worden sei.
Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, weil die Beklagte infolge Obliegenheitsverletzung seitens der Klägerin durch verspätetes Einreichen der Stehlgutliste von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Die Klägerin macht geltend, das LG habe rechtsfehlerhaft das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung angenommen. Sie sei verpflichtet gewesen, unverzüglich ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen. Unverzüglich bedeute nach der auch im Versicherungsrecht geltenden Legaldefinition des § 121 BGB: "ohne schuldhaftes Zögern." Ein solches sei auf ihrer Seite nicht zu erkennen. Die dem Geschädigten einzuräumende Frist sei danach zu bemessen, wie viel Zeit er benötigt. In ihrem Betrieb würden ca. 12.000 verschiedene Artikel geführt. Eine kurzfristig durchgeführte Inventur hätte die Schließung des gesamten Geschäftsbetriebes erfordert und dadurch weitere Schäden verursacht. Die von ihr neben dem laufenden Geschäftsbetrieb durchgeführte Inventur habe unter Vermeidung dieser Schäden eine etwas längere Zeit in Anspruch genommen. Es seien aus einem Sortiment von ca. 12.000 Einzelartikeln verschiedene Artikelkategorien Haarkosmetik, Scheren und Haarschneidemaschinen in einem Umfang gestohlen worden, welcher zwei Transportwagen gefüllt habe. Die Stehlgutliste habe 19 Seiten umfasst. Ein derartiger Fall sei anders zu beurteilen als Fälle...