Leitsatz (amtlich)
Zur Verkehrssicherungspflicht einer rheinland-pfälzischen Stadt hinsichtlich eines sog. Behördenparkplatzes mit dem Charakter eines Waldparkplatzes.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839 Abs. 1; LStrG RP § 11 Abs. 1, § 15 Abs. 1, § 48 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 10.02.2011; Aktenzeichen 1 O 428/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Koblenz vom 10.2.2011 wird zurückgewiesen.
Die im zweiten Rechtszug gegen das beklagte Land zu 2. erweiterte Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die beklagte Stadt und - nach Parteierweiterung im zweiten Rechtszug - das beklagte Land als Gesamtschuldner wegen eines Sturzes auf einem Parkplatz in Koblenz am 7.1.2010 auf Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz in Anspruch.
Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat mit Urteil vom 10.2.2011 (Bl. 69 ff. GA) die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die die Klage auf das beklagte Land als Eigentümerin des gegenständlichen Parkplatzes erweitert hat (Schriftsatz vom 5.5.2011; Bl. 124 ff. GA). Das beklagte Land zu 2. hat sich zur Sache nicht geäußert; ein Prozessbevollmächtigter hat sich nicht bestellt.
Die Klägerin rügt, dass das LG die Rechtsprechungsgrundsätze zur Verkehrssicherungspflicht bei öffentlichen Verkehrsflächen unrichtig angewandt respektive zu eng verstanden habe. Die Verkehrsunsicherheit des gegenständlichen - nur dürftig beleuchteten, sich (damals) in einem desolaten Gesamtzustand befindenden - Parkplatzes habe sich bereits aus einer "von Anfang an falschen Planung der verwendeten Materialien" ergeben. Eine "ernsthafte, kontinuierliche und nachhaltige Instandhaltung" sei von der Beklagten zu 1. zu keinem Zeitpunkt geleistet worden; angesichts der "sehr hohen Gefahrenlage" für die Parkplatzbenutzer sei ein sofortiges Tätigwerden geboten gewesen. Zur - verfahrensfehlerhaften - Annahme des Eigenverschuldens sei das LG aufgrund Übergehens von Beweisangeboten gelangt; sie, die Klägerin, habe stets hervorgehoben, dass sie sich "mit äußerster Vorsicht" aus der Parklücke heraus auf die "Stolperfalle" zu bewegt habe.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des LG Koblenz vom 10.2.2011 abzuändern und
a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das aber nicht unter 12.500 EUR liegen sollte, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.8.2010 zu zahlen;
b) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstehen wird, dass die Klägerin am 7.1.2010 gegen 07.10 Uhr auf dem im Eigentum des beklagten Landes zu 2. stehenden und der Verkehrssicherungspflicht der beklagten Stadt zu 1. unterliegenden Behördenparkplatzes "vor der Schlossanlage in Koblenz" zu Fall kam;
c) die Beklagten als Gesamtschuldner weiter zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 775,64 EUR zu erstatten;
2. gegen das beklagte Land zu 2. ein Versäumnisurteil zu erlassen.
Die Beklagte zu 1. beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1. verteidigt das angefochtene Urteil in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht. Für Inhalt und Umfang der (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht sei namentlich die Erkennbarkeit der Gefahrenlage als subjektives Element von tragender Bedeutung. Hiervon ausgehend sei das LG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der ehemalige sog. Behördenparkplatz zwar keinen "Idealzustand" aufgewiesen, von seinem gesamten Erscheinungsbild aber eine "offenkundige" Ausgestaltung besessen habe, die bei Anwendung auch nur durchschnittlicher Sorgfalt von jedem Parkplatzbenutzer habe bewältigt werden können. Es habe weder eine Verpflichtung zur Beseitigung der vorhandenen Unebenheiten noch zur Warnung vor denselben bestanden. Diese gelte umso mehr gerade gegenüber der Klägerin, der die Beschaffenheit der Parkplatzfläche aus früherer Benutzung durchaus bekannt gewesen sei. Bei Anwendung hinreichender Aufmerksamkeit hätte die Klägerin - entgegen ihrer Behauptung - überdies das Unfallgeschehen ohne weiteres vermeiden können; dies trage jedenfalls den Vorwurf des (haftungsausschließenden) Eigenverschuldens.
II. Die - zulässige - Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Erweiterung des Klagebegehrens auf das beklagte Land zu 2. als Gesamtschuldner hat in der Sache keinen Erfolg (unechtes Versäumnisurteil).
1. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die beklagte - kreisfreie - Stadt wegen schuldhafter Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG; § 48 Abs. 2 LStrG) besteht bereits dem Grunde nach nicht.
a) Nach dem übereinstimmenden Sachvo...