Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 3 O 99/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Bad Kreuznach vom 21.05.2014 wie folgt abgeändert:
Die Klage wird unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 11.06.2012 abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die durch die Versäumnis der Beklagten im schriftlichen Vorverfahren verursachten Kosten trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit seiner Klage macht der Kläger Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall mit einem Fahrrad am 23.06.2010 auf dem Radweg K 3 im Bereich ... [X] gegen die Beklagte geltend. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Der Kläger hatte zunächst beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren immateriellen und materiellen Schaden aus dem Unfall vom 23.06.2010 zu ersetzen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.051,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.530,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 zu zahlen.
Aufgrund der Säumnis der Beklagten im schriftlichen Vorverfahren hat das LG unter dem 11.06.2012 ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt, unter Berücksichtigung der am 11.04.2014 erfolgten Klagerücknahme über 479,80 EUR das Versäumnisurteil vom 11.06.2012 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 11.06.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit seinem am 21.05.2014 verkündeten Urteil hat das LG unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils die Beklagte verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 zu zahlen. Darüber hinaus hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger 974,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 und weitere 1.019,36 EUR (außergerichtliche Anwaltskosten) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2010 zu zahlen. Weiter hat das LG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren immateriellen und materiellen Schaden zu 2/3 aus dem Unfall vom 23.06.2010 zu ersetzen. Im Übrigen hat das LG unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abgewiesen. Das LG ist von dem Vorliegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Seiten der Beklagten ausgegangen, hat aber ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers in Höhe von 1/3 in Ansatz gebracht.
Gegen dieses Urteil des LG richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Urkunden und auf das angefochtene Urteil verwiesen.
II. Die Berufung der Beklagten hat vollumfänglich Erfolg.
Dem Kläger stehen die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Anders als das LG sieht der Senat eine Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht als nicht gegeben an.
Die Verkehrssicherungspflicht ist eine allgemeine Rechtspflicht, nicht nur der öffentlichen Hand, im Verkehr Rücksicht auf Rechtsgüter anderer zu nehmen und vor allem Gefährdungen und Schädigungen nach Möglichkeit auszuschließen. Sie beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der eine Gefährdungsquelle für Rechtsgüter anderer schafft, die notwendigen Schutzvorkehrungen zu treffen hat. Verstößt er gegen diese Schutzpflicht, ist er schadensersatzpflichtig wegen deliktischen Verhaltens. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht sind hierbei diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend zur Schadenserverhinderung hält (grundlegend BGH III ZR 121/70, Urteil vom 18.12.1972 juris). Der Inhalt, der Umfang und die Grenzen der Verkehrssicherungspflicht bestimmen sich zum einen nach den berechtigten Sicherungserwartungen des Verkehrs (Vertrauensschutz, legitime Erwartungen des regulär...