Leitsatz (amtlich)

"Fratzer-Diät" keine medizinisch notwendige Heilbehandlung.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 25.04.2005; Aktenzeichen 16 O 460/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Koblenz vom 25.4.2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Es wird auf die Widerklage festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, weitere Leistungen für die Fratzer-Diät zugunsten des Klägers zu erbringen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der an Multipler Sklerose erkrankte Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrags (Bl. 23-38 d.A.) die Erstattung von im Monat August 1998 entstandenen Kosten für die Behandlung mit der sog. Fratzer-Diät. Die Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung, dass sie zu weiteren Leistungen für die Fratzer-Diät nicht verpflichtet ist. Nachdem die Beklagte zunächst die angefallenen Kosten der Fratzer-Diät übernommen hatte, lehnte sie eine weitere Kostenübernahme mit Schreiben vom 23.10.1998 ab.

Der Kläger hat vorgetragen, die bei ihm angewandte Fratzer-Diät stelle eine medizinisch notwendige Therapie dar, die auf wissenschaftlich anerkannten Erkenntnissen beruhe und jedenfalls geeignet sei, sein Leiden zu lindern.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 554,42 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4 % seit dem 1.11.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und widerklagend, festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, weitere Leistungen für die Fratzer-Diät zugunsten des Klägers zu erbringen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, diese Therapie sei weder medizinisch notwendig noch Erfolg versprechend. Zudem handele es sich bei den im Rahmen der Fratzer-Diät verordneten Präparaten nicht um Arzneimittel, sondern um nicht erstattungspflichtige Nahrungsergänzungsmittel.

Das LG hat nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen PD Dr. med. Th.V. der Zahlungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, da es sich bei der Fratzer-Diät um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung i.S.v. § 1 (2) MB-KK 94 in Bezug auf den Kläger handele und die Beklagte daher zur Kostenübernahme verpflichtet sei. Bei einer unheilbaren Krankheit wie der in Rede stehenden Multiplen Sklerose, für die es keine allgemein anerkannte Therapie gebe, sei die objektive Vertretbarkeit der Behandlung bereits dann zu bejahen, wenn die Behandlung mit nicht nur ganz geringer Erfolgsaussicht die Erreichung des Behandlungsziels als möglich erscheinen lasse. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergebe sich, dass Hintergrund der Fratzer-Diät ein medizinisch-wissenschaftlich nachvollziehbarer Ansatz sei; dass die Wirksamkeit der angewandten Methode in konkreten Studien noch nicht gesichert werden konnte und - nach den Ausführungen des Sachverständigen - zumindest teilweise hypothetisch sei, stehe der Annahme der medizinischen Notwendigkeit im Ergebnis nicht entgegen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags geltend macht, das LG habe die von dem BGH zur Auslegung des Begriffs der medizinischen Notwendigkeit aufgestellten Voraussetzungen verkannt. So sei u.a. erforderlich, dass es für eine schwere, lebensbedrohende oder lebenszerstörende Erkankung keine in der Praxis angewandte Behandlungsmethode gebe, die zur Heilung oder Linderung oder Verhinderung einer Verschlimmerung geeignet sei. Nach dem Inhalt des Sachverständigengutachtens lägen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Es gebe unterschiedliche etablierte Behandlungsmethoden für die Multiple Sklerose, die eine Linderung erreichen und auch eine Verschlimmerung verhüten würden.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und festzustellen, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, weitere Leistungen für die Fratzer-Diät zugunsten des Klägers zu erbringen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.

Der Senat nimmt im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II. Die Berufung ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch für die ihm im Rahmen der sog. Fratzer-Diät verordneten Präparate nicht zu, da es sich dabei nicht um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung i.S.d. § 1 (2) MB-KK 94 handelt. Dementsprechend ist die Beklagte nicht verpflichtet, weitere Leistungen für die Fratzer-Diät zugunsten des Klägers zu erbringen. Das landgerichtliche Urteil ist daher abzuändern und die Klage abzuweisen, während auf die Widerklage die...

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