Normenkette
AGBG § 9; AKB 1996 § 7 Abs. 5 S. 4
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 5 O 421/00) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Koblenz vom 28.5.2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Am 29.6.2000 mietete der Beklagte bei der Klägerin einen 3,60m hohen Lkw. Vertraglich vereinbart war u.a. eine Haftungsbeschränkung mit einem Eigenanteil von 2.000 DM.
Als der Beklagte im Industriegebiet in K. die L. Brücke durchfuhr, kollidierte der Kofferaufbau des Lkw mit der Brückenunterseite. Die Parteien streiten u.a. um die Durchfahrtshöhe der Brücke und deren Beschilderung.
Unter Berufung auf die in den Vertragsbedingungen enthaltene Aufhebung der Haftungsbeschränkung im Falle der Beschädigung des Kofferaufbaus hat die Klägerin ihren gesamten Schaden i.H.v. 15.109,75 DM nebst Zinsen mit der Klage geltend gemacht. Dem hat das LG in voller Höhe entsprochen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er unter Hinweis auf die Haftungsbeschränkung und eine bereits erfolgte Zahlung weiterhin Klageabweisung erstrebt.
Das Rechtsmittel hat i.E. keinen Erfolg.
Zwar kann die Klägerin volle Zahlung nicht schon deswegen verlangen, weil sie in ihren allgemeinen Vertragsbedingungen zwar eine Haftungsbeschränkung gewährt, diese aber für den hier gegebenen Fall der Beschädigung der Lkw-Aufbauten wieder außer Kraft gesetzt hat (Ziff. 2b) der Mietbedingungen, Bl. 8 GA). Dies widerspricht nach Auffassung des Senats dem in der Rspr. entwickelten Grundsatz, dass ein gewerblicher Fahrzeugvermieter, der eine vom Mieter durch die Höhe des Mietzinses getragene Haftungsfreistellung oder Haftungsbeschränkung mit Eigenbehalt vereinbart, deren Bedingungen nach dem Leitbild der Kaskoversicherung gestalten muss, weil der Mieter ersichtlich eine Absicherung wünscht, dafür ausreichend bezahlt und davon ausgeht, dass er mit seinem Entgelt einen kaskoversicherungsähnlichen Schutz erwirbt. Entsprechen die Mietbedingungen diesem Leitbild der Kaskoversicherung nicht, so sind sie unwirksam, weil in diesem Fall der Mieter gem. § 9 AGBG a.F. unangemessen benachteiligt wird (BGH BGHZ 70, 304 = MDR 1978, 658; NJW 1981, 1211; OLG Hamm v. 23.9.1992 – 30 U 278/91, OLGReport Hamm 1992, 385 = NJW-RR 1993, 95; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 9 Rz. M 80 ff.). Daran hat sich auch durch die 1995 erfolgte Freigabe der Versicherungsbedingungen nichts Wesentliches geändert, weil die AKB-Musterbedingungen (AKB 1996) in der Rechtspraxis immer noch die Leitbildfunktion erfüllen (KG v. 8.2.1999 – 22 U 5530/97, KGReport Berlin 1999, 209; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Mietrechts, 8. Aufl., Rz. 626). In der Kaskoversicherung sind aber gem. § 12 Abs. 1 AKB 1996 Lkw-Aufbauten ohne weiteres mitverversichert (OLG Hamm v. 23.9.1992 – 30 U 278/91, OLGReport Hamm 1992, 385 = NJW-RR 1993, 95).
Aus den genannten Erwägungen heraus, die i.Ü. in erster Instanz in den Erörterungen der Parteien und des Gerichts keine Rolle gespielt haben, trägt die Begründung des LG eine Verurteilung nicht. Dennoch ist diese i.E. zu Recht ausgesprochen worden.
Dabei kann offen bleiben, ob der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat, als er die Brücke durchfuhr und dabei den Lkw beschädigte. Für den Fall grob fahrlässigen Handelns ist in den Vertragsbedingungen die Haftungsbeschränkung zu Recht aufgehoben; dies entspricht der Regelung des § 61 VVG. Das Vorliegen grober Fahrlässigkeit hat die Klägerin zu beweisen. Eine Entscheidung könnte insoweit jedoch hier nur nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu den umstrittenen äußeren Umständen des schädigenden Vorgangs ergehen.
Der Beklagte ist aber auch ohne Durchführung einer Beweisaufnahme deshalb zu verurteilen, weil er unstreitig die ihm in Ziff. 2d S. 1 der Mietbedingungen auferlegte Pflicht versäumt hat, bei Verkehrsunfällen die Polizei zu benachrichtigen (sog. Polizeiklausel). Diese Klausel ist nach allgemeiner Auffassung wirksam (Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 9 Rz. M 82; BGH v. 11.11.1981 – VIII ZR 271/80, MDR 1982, 574 = NJW 1982, 167; OLG Stuttgart v. 16.7.1986 – 4 U 57/86, VersR 1988, 97), denn sie entspricht der in § 7 Abs. 1 S. 2, S. 3 AKB 1996 enthaltenen Verpflichtung, alles zur Aufklärung des Schadensfalles Erforderliche zu tun. Durch die genannte Bestimmung wird im Recht der Fahrzeugversicherung eine nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllende Obliegenheit normiert. Deren Verletzung führt gem. § 7 Abs. 5 S. 4 AKB 1996 i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG zum Verlust des Versicherungsschutzes, allerdings mit der Einschränkung, dass das Verschulden erheblich sein und die Obliegenheitsverletzung geeignet erscheinen muss, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden – sog. Relevanzrechtsprechung – (BGH VersR 1975, 752; v. 7.12.1983 – IVa ZR 231/81, VersR 1984, 228; OLG Stuttgart v. 16.7.1986 – 4 U 57/86, VersR 1988, 97). Sind diese Voraussetzungen ...