Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einschränkung des Umgangsrechts bei lediglich abstrakter Gefahr nicht erfolgender Herausgabe des Kindes nach Ausübung des Umgangsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

Die lediglich abstrakte Gefahr, dass ein Umgangsberechtigter das Kind nach einem unbegleiteten Umgangstermin nicht wieder herausgeben könnte, rechtfertigt eine Einschränkung des Umgangsrechts nicht.

Der Senat geht davon aus, dass bereits die regelmäßige Ausübung eines Umgangs mit einem in Deutschland lebenden minderjährigen Kind dazu führt, dass die Aufenthaltserlaubnis eines nicht vollziehbar ausreisepflichtigen ausländischen Elternteils nach § 25 Abs. 4 AufenthG verlängert wird. Eines ständigen Aufenthalts des Kindes bei dem ausländischen Elternteil bedarf es hierzu nicht.

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 2; BGB § 1684; AufenthG § 25

 

Verfahrensgang

AG Diez (Beschluss vom 13.03.2008; Aktenzeichen 6 F 236/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Diez vom 13.3.2008 abgeändert.

Die Antragstellerin hat das Recht, mit ihrer Tochter D. Ursula Wiese, geboren am 29.9.2003, wöchentlich jeweils samstags von 10:00 Uhr bis 17:00 Uhr, erstmals am 26.7.2008, unbegleiteten Umgang auszuüben.

Die Antragstellerin holt das Kind jeweils zu den angegebenen Zeiten beim Antragsgegner ab und bringt es auch wieder - ebenfalls zu den angegebenen Zeiten - zu diesem zurück. Sie ist berechtigt, D. mit zu sich in ihre Wohnung zu nehmen.

Die weitergehende Beschwerde und der Antrag im Übrigen werden zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Die übrigen Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner war als Entwicklungshelfer in ... tätig und hatte dort eine mehrjährige Beziehung zu der Antragstellerin. Aus dieser Beziehung entstammt die am 29.9.2003 geborene D.. Nach der Trennung blieb das Kind zunächst bei der Mutter. Im Juni 2006 nahm der Antragsgegner D. im Einverständnis mit der Mutter nach Deutschland mit. Hier wurde ihm mit Beschl. v. 17.4.2007 - 6 F 132/06 AG Diez - die alleinige elterliche Sorge übertragen; eine Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos, weil sie verfristet war.

Seit August 2007 hält auch die Antragstellerin sich in Deutschland auf, zunächst als geduldete Ausländerin und seit 1.4.2008 mit einer vorläufig bis zum 1.10.2008 befristeten Aufenthaltserlaubnis. Sie lebte zunächst im Frauenhaus ... und gibt an, seit 1.6.2008 eine eigene Wohnung in ... angemietet zu haben.

Im Verfahren 6 F 169/07 AG Diez haben die Eltern im Termin vom 24.10.2007 einen begleiteten Umgang in zweiwöchigem Rhythmus für je 2,5 Stunden und zusätzlich einen wöchentlichen Telefonkontakt vereinbart. Der begleitete Umgang findet seither in den Räumlichkeiten und unter Aufsicht des Vereins ... in ... statt. D. freute sich von Anfang an, ihre Mutter zu sehen, suchte deren körperliche Nähe und spielte ausgelassen mit ihr. Anschließend freute sie sich, auch den Vater wieder zu sehen, ging fröhlich mit ihm nach Hause und fand sich problemlos wieder in ihren Alltag ein.

Im vorliegenden Verfahren erstrebt die Antragstellerin die Gewährung eines unbegleiteten Umgangs mit ihrem Kind. Der Antragsgegner begegnet dem mit Bedenken, weil er befürchtet, dass die Antragstellerin das Kind nach Beendigung des Umgangs nicht mehr an ihn herausgeben könnte.

Das FamG hat das Begehren der Antragstellerin durch Beschluss vom 13.3.2008 mit der Begründung zurückgewiesen, es bestehe die abstrakte Gefahr, dass die Antragstellerin sich auf die vom Antragsgegner befürchtete Weise ein Aufenthaltsrecht verschaffen werde. In diesem Fall würde das Kind durch das eigenmächtige Verhalten der Mutter abrupt aus seinem derzeitigen Lebensumfeld herausgerissen; es würde erleben, zum Objekt der Interessen von Erwachsenen zu werden, und gegebenenfalls wäre zudem die Erfahrung zu befürchten, gewaltsam aus der Obhut der Mutter genommen zu werden. Eine solche Entwicklung erscheine dem Gericht derart gravierend, dass unbegleitete Umgangskontakte derzeit auf Grund einer ansonsten drohenden Kindeswohlgefährdung nicht zu bewilligen seien.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin geltend,

eine lediglich abstrakte Gefahr begründe keine Gefährdung des Kindeswohls. Der Lebensmittelpunkt D. s beim Vater werde von ihr nicht in Frage gestellt. Ihr Aufenthaltsstatus und ihre Wohnverhältnisse seien mittlerweile geklärt.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss derart abzuändern, dass ihr das Recht zusteht, die Tochter D.

a) an einem noch zu bestimmenden Wochentag morgens von 10:00 Uhr bis nachmittags 17:00 Uhr sowie

b) an allen hohen Feiertagen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) jeweils am ersten Tag in der Zeit von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr zu sich zu nehmen, hilfsweise, die Gewährung eines zweiwöchigen Umgangsrechts von Samstagmorgen bis Sonntagabend.

Der Antragsgegner begehrt Zurückweisung der Beschwerde und m...

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